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Sonntag
05.01.2003

Ein beispielloser Korruptionsskandal ist dieser Tage in Polen bekannt geworden. In die Affäre verwickelt sind Regierungschef Leszek Miller, der frühere Dissident und Zeitungsdirektor Adam Michnik und der Filmproduzent Lew Rywin. Nach Berichten der Mailänder Tageszeitung «Corriere della Sera» soll Rywin, der Produzent von «Schindlers Liste» und «Der Pianist» von Roman Polanski im vergangenen Juni von Michnik 17,5 Millionen Euro (25,5 Millionen Franken) Bestechungsgeld verlangt haben. Rywin, der sich als Abgesandter Millers ausgab, versprach, sich im Sinne der von Michnik geleiteten «Gazeta Wyborcza» bei der Verabschiedung eines neuen Mediengesetzes einzusetzen.

Seit Monaten hatten sich die Regierung und die führende polnische Zeitung einen Schlagabtausch geliefert. Die «Gazeta» strebt den Erwerb des TV-Senders Polsat an, die Regierung dagegen will per Gesetz Presse und Fernsehen trennen. Zugleich sollen die öffentlich-rechtlichen und regierungsfreundlichen Sender gestärkt werden. Rywin begab sich erneut zu Michnik und erklärte, man könne das Problem mit der Überweisung von 17,5 Millionen Euro an seine Produktionsfirma «Heritage» lösen. Der Betrag würde 5 Prozent des Werts von Polsat entsprechen. Für sich selbst, so Rywin, wolle er lediglich den Chefposten bei Polsat.

Michnik nahm das zweite Gespräch mit Rywin heimlich auf und rief danach bei Miller an. Dieser versicherte, mit der Sache nichts zu tun zu haben. Bei einem anschliessenden Treffen der drei soll Rywin zusammengebrochen sein. «Jetzt bleibt mir nur das Exil oder der Selbstmord», soll Rywin laut dem «Corriere della Sera» gesagt haben.