Zu wenig Bildung und zu viel Musik: Der Zürcher Regierungsrat ist von keinem der fünf Konzessionsgesuche für ein Stadtzürcher Jugendradio wirklich überzeugt. Er bevorzugt das Gesuch von DJ Radio und unterstützt jenes von Music First. «Ich habe befürchtet, dass sich die Geschichte mit Radio Lora und Radio Tropic wiederholt. Dass es ein weiteres Radio geben könnte, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit sendet. Wer sich auf einer Turnwiese austoben will, soll das bei Radio Lora machen», so Giuseppe Scaglione, Besitzer, Gründer und Geschäftsführer von Radio 105 und Music First, am Donnerstag zum Klein Report. «Ich bin schockiert. Nicht über die Nominierung von DJ Radio, sondern über die Begründung.»
Die fünf Gesuchsteller - DJ Radio, Music First, Groove FM, Radio 3fach und Radio Max -, die um die zehnjährige Konzession buhlen, mussten dem Bundesamt für Kommunikation (Bakom) aufzeigen, dass sie ihr Programm auf die 15- bis 24-Jährigen ausrichten und wie sie ihre Leistungen bezüglich Musikprofil, Nachrichten oder Ereignisse der Jugendkultur erbringen wollen.
DJ Radio, das bereits als Webradio betrieben wird, hebt sich laut Urs Rüegg von der Kommunikationsabteilung des Regierungsrats von den anderen Gesuchen ab. Die Begründung: Gemacht wird das Programm von Profis und künftigen Medienschaffenden. Mit der Einbindung von Studierenden der Zürcher Hochschule Winterthur werde zumindest im Hinblick auf die Ausbildung von Medienschaffenden dem Bildungsauftrag Rechnung getragen. Trotz tiefem Finanzierungsbedarf gehe der Regierungsrat davon aus, dass das Programm genügend Potenzial hat, um die geforderten Höreranteile zu erreichen. Deshalb werde dieses Gesuch bevorzugt. Scaglione von Radio 105 dazu: «DJ Radio ist mit seiner Techno- und House-Musik ein Nischenprodukt, das für den Werbemarkt unattraktiv ist. Ausserdem kann man mit gerade mal zwei Festangestellten keine Leute ausbilden.» Diese Begründung sei eine Enttäuschung für alle, die versuchten, ein seriöses Ausbildungskonzept vorzulegen. Scaglione kommt zum Schluss: «Die Gesuche wurden anscheindend sehr oberflächlich beurteilt. Denn gerade bei DJ Radio ist die professionelle Ausbildung junger Radioleute und die Finanzierbarkeit des Projekts am wenigsten gegeben.»
Auch Scagliones Gesuch von Music First fiel bei der Regierung nicht durch. Sie geht davon aus, dass die zugesagten Informationsgefässe erbracht werden. Es werde aber eher Mainstream-Radio sein. Skepsis hat der Regierungsrat zudem, ob es sich nicht um ein Expansionsprojekt von Radio 105 handelt, das aber in Zürich geringe Höreranteile hat. «Es geht hier nicht um 105, sondern um ein völlig neues und eigenständiges Radio namens Music First», betont Scaglione gegenüber Klein Report.
Insgesamt war der Regierungsrat von keinem der Gesuche wirklich überzeugt, wie er am Donnerstag vor den Medien erklärte. Bemängelt werde, dass bei allen Gesuchen fast nur Musik im Zentrum stehe. Erstaunt sei der Regierungsrat zudem, dass keine Bezüge zu Deutschland gemacht werden. Das Nachbarland besteche mit seiner Radiokultur und verfüge über eine grosse Jugendradio-Landschaft.
Abgelehnt wird das Gesuch von Groove FM, da es zu wenig auf die gewünschte Zielgruppe der 15- bis 24-Jährigen ausgerichtet sei. Radio 3fach attestiert der Regierungsrat zwar die grösste Jugendnähe, er ist aber skeptisch wegen der Finanzierung. Und bei Radio Max schliesslich wird das Profil bemängelt.
Wer die zehnjährige Konzession erhält, entscheidet Bundesrat Moritz Leuenberger nicht wie ursprünglich angekündigt diesen Winter, sondern im Spätsommer 2004. Wie Bakom-Sprecher Bernhard Bürki auf Anfrage der sda sagte, hat sich das Verfahren u.a. verspätet, da die Dossiers überarbeitet werden mussten, um vergleichbar zu sein.
Die aktuell laufende Anhörung, an der neben dem Kanton und der Stadt Zürich auch interessierte Medienverbände teilnehmen können, läuft bis Ende Februar. Ab Juni sollen die Hearings mit den Gesuchstellern stattfinden. Entscheidet Bundesrat Leuenberger im Sommer, ist der Sendebeginn ab 2005 möglich. Siehe auch Noch fünf im Rennen für das Jugendradio in Zürich
Donnerstag
12.02.2004