Bundesrätin Karin Keller-Sutter muss sich die Kritik gefallen lassen, dass sie zur Bekämpfung der Konzernverantwortungsinitiative eine Kampagne gefahren hat. Die Abstimmungskommunikation der Behörden unter die Lupe genommen hat die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK).
Die Kommunikation von Karin Keller-Sutters Departement zur Konzernverantwortungsinitiative war in den Medien auf viel Kritik gestossen. Zu Recht, wie jetzt aus einem am Freitag publizierten Bericht über die Untersuchung der PVK hervorgeht. Demnach war Keller-Sutters Departementskommunikation «mehr auf die Ablehnung der Initiative als auf die Information der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ausgerichtet».
Was an sich schon delikat klingt, wird so richtig brisant, wenn man weiterliest: «Aus dem speziell für diese Abstimmung ausgearbeiteten Kommunikationskonzept des Departements und aus den Protokollen der zuständigen Arbeitsgruppe geht hervor, dass die Kommunikation der Departementsvorsteherin als Ergänzung zur überparteilichen Kampagne ausgerichtet war, um einen Meinungsumschwung beim Zielpublikum zu erreichen.»
Da sind wir also: Eine mit Steuergeldern finanzierte Behörde eines demokratischen Staates denkt sich eine Informationskampagne aus, mit der sie die öffentliche Meinung vor einer stark umstrittenen Abstimmungsvorlage gezielt beeinflussen will.
Für den Klein Report ist das ähnlich brisant wie das Gebaren des Departements von Gesundheitsminister Alain Berset, das mit Primeur-Durchstichen gewisse Medien zu einer gewogenen Berichterstattung zu animieren versuchte.
Der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle, die in die Protokolle und Papiere von Karin Keller-Sutters Departement Einblick hatte, war es nicht möglich, zu überprüfen, inwieweit diese Massnahmen tatsächlich umgesetzt wurden. Doch schon nur die Art, wie das Departement die Kommunikation «vorgesehen» hat, «überschritt nach Auffassung der PVK die Grenze zwischen Information und Kampagne» und lief einer «verhältnismässigen Kommunikation» zuwider.
Aus diesen Erkenntnissen kommt die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats zu folgender Empfehlung: Der Bundesrat möge in den Grundsätzen der Behördenkommunikation vor Abstimmungen «den Umfang beziehungsweise die Grenzen der zulässigen Information festlegen. Er beachtet dabei den Grundsatz der Verhältnismässigkeit.»
Das Beispiel der Konzernverantwortungsinitiative ist ein Extremfall. Grauzonen gibt es auch in anderen Fällen. Denn die Grundsätze für die Kommunikation der Behörden vor Abstimmungen verbieten es zwar, eine «Kampagne» zu führen. Allerdings wird dieser Begriff nirgends näher definiert.
Wo also die blosse Information aufhört und wo die tendenziöse Kampage anfängt, bleibt vage. Die Folge: Was eine noch zulässig Kommunikation ist, liegt zu einem gewissen Teil im Ermessen der Departemente. Und dieses Ermessen ist tatsächlich sehr verschieden.
So geht aus dem am Freitag publizierten PVK-Bericht weiter hervor, dass der Grundsatz der «Verhältnismässigkeit» in der Kommunikation von den Behörden sehr unterschiedlich ausgelegt wird.
«Während einige Departemente den Begriff eng auslegen und kaum mehr kommunizieren, als was standardmässig für sämtliche Abstimmungen vorgesehen ist, legen andere Departemente das Prinzip grosszügiger aus und äussern sich in zahlreichen Medien und öffentlichen Veranstaltungen. Zudem sind sie auf sozialen Medien aktiv.»