Der Bundesratsentscheid zum BVG-Mindestzinssatz hat für Wirbel gesorgt. Der Vorwurf wurde laut, es sei falsch informiert worden. Experten vermuten aber keine Kommunikationspanne, sondern Kalkül. Der Berner Politologe Andreas Ladner kann sich angesichts der Professionalisierung der Medienarbeit in der Verwaltung kaum vorstellen, dass falsch kommuniziert wurde. Hingegen könne spekuliert werden, dass der Bundesrat mit der Veröffentlichung des Vorentscheids eine Art «Blitzvernehmlassung» habe auslösen wollen. Auch der Zürcher Publizistikprofessor Heinz Bonfadelli will nicht ausschliessen, dass die Ankündigung der Herabsetzung des Mindestzinssatzes bei der beruflichen Vorsorge auf 3 Prozent auch aus taktischen Überlegungen heraus erfolgt ist: Eine Senkung auf den allfälligen Kompromisswert von 3,5 Prozent werde dann als weniger einschneidend wahrgenommen.
Taktik habe keine Rolle gespielt, sagte dazu Hans Klaus, Kommunikationschef des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD), das wegen des Bundesamts für Privatversicherungen in den Entscheid involviert war. Dennoch sagte er: «Ich hätte anders kommuniziert.» Man müsse sich überlegen, «ob man politische Kommunikation oder Kommunikation für die Menschen» wolle. Jetzt sorgten sich viele um die Rendite, statt die Hauptaussage verstanden zu haben: «Die Rente ist sicher.» Einig sind sich alle, dass die Ansprüche an die Kommunikation von Regierung und Verwaltung ständig zunehmen. Die Kommunikation sei beschleunigt worden und Medien und Parteien würden mehr polarisieren, stellt Bonfadelli fest. Das setze die Verwaltung unter Druck. Behörden könnten heute weniger lange zuwarten, bis sie informieren, ist Bonfadelli überzeugt. «Was früher hinter verschlossenen Türen verhandelt wurde, wird heute stärker über die Medien ausgetragen.»
Mittwoch
17.07.2002