Dieser Betrag hat es ohne Zweifel in sich: Mit 71,8 Millionen Franken sanktionierte die Wettbewerbskommission (Weko) die Swisscom für den Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung im Bereich der Sport-Live-Übertragungsrechte. Aber dürfen sich nun auch die Sportfans über bessere TV-Angebote freuen?
Anlässlich des aktuellen Weko-Entscheids kommentiert Raphael Waldvogel, Redaktor Klein Report und selber passionierter Sport-TV-Zuschauer, die Lage auf dem Livesport-TV-Markt.
Swisscom TV, UPC Cablecom Horizon oder doch lieber Sunrise Home TV: Das sind nur einige der gängigsten TV-Angebote auf dem Markt. Welches Angebot darf es für Sie sein, lieber Kunde? Für viele Sportfans erübrigte sich die Wahl des «besten» Anbieters bislang schon dadurch, dass alleine bei Swisscom TV Fussball- oder Eishockeyspiele auf Abruf und somit zu einem vernünftigen Preis von fünf Franken pro Spiel beziehbar sind.
Bei der Konkurrenz sieht es für Sportfreunde hingegen düster aus: Wer beispielsweise mit einer Sunrise Box die Spiele seines Lieblingsvereins verfolgen will, der braucht dazu erstens das Basispaket von Teleclub (Kostenpunkt: 39.90 Franken) und zweitens das Zusatzpaket Sport (Kostenpunkt: 9.90 Franken). Angenommen, der Sportfan will auch noch Dinge wissen wie: Welcher Spieler ist am Ball? Oder: Wer hat das Tor geschossen?, so ist wohl zusätzlich der HD-Zuschlag (Kostenpunkt: 5.90 Franken) von Nöten.
Zusammengerechnet zahlt der Sportfan also monatlich mindestens 55.70 Franken - nur, um dann allenfalls Ende Saison «seinen» Verein absteigen zu sehen. Ein sehr guter Grund, um zu Swisscom TV zu gehen. So sieht die Praxis aus, die bislang nicht weiter hinterfragt und von der Kundschaft als Tatsache hingenommen wurde.
Nun beurteilt die Weko diese Praxis der Swisscom im Bereich der Sport-Live-Übertragungsrechte als «Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung». Der Sportfan horcht auf: Bedeutet das, dass nun auch andere TV-Anbieter attraktive Sportpakete anbieten können? Momentan muss die Frage noch mit «nein» beantwortet werden.
Die Kommission verzichtete nämlich in ihrem Entscheid darauf, der Swisscom neben der Busse eine Vorgabe zu machen, wonach sie der Konkurrenz die Rechte für die Sportübertragung sofort neu anbieten muss. Grund dafür ist, dass die Umsetzung einer solchen Vorgabe schlicht zu lange dauern würde und sie somit «toter Buchstabe» bliebe, so die Wettbewerbshüter.
Das bedeutet für den Eishockey- und den Fussballfan, dass er noch mindestens bis zum Ablauf der Sportsaison 2016/2017 darauf warten muss, bis andere TV-Angebote als dasjenige der Swisscom für ihn allenfalls wieder attraktiv werden können. Denn dann werden die Übertragungsrechte für den Live-Sport neu vergeben.
Der Ausgang der nächsten Vergabe ist zum jetzigen Zeitpunkt noch ungewiss. Die Weko, alarmiert durch den aktuellen Fall, hat gegenüber dem Klein Reports angekündigt, dass sie «den Ausgang des aktuellen Ausschreibungsverfahrens genau beobachten wird». Die Kommission rechnet selber aber nicht damit, dass sich «die Situation wieder ähnlich präsentieren wird, wie in den vergangenen Vergabeperioden», also dass es zu einem neuen Missbrauchsfall kommt.
Mit anderen Worten dürfte die Swisscom-Marktherrschaft im Bereich der Sport-Live-Übertragungen in absehbarer Zeit enden. Doch ist ein Stein erst einmal an einem Platz verankert, bewegt er sich nicht mehr von alleine. Ähnlich dürfte es sich mit den Kunden von Swisscom TV verhalten, die wohl auch künftig beim Anbieter Swisscom bleiben werden - ganz getreu dem Prinzip der Bequemlichkeit. Der Preis für diese Kunden: 71,8 Millionen Franken.