Im Alter von 91 Jahren ist der legendäre französische Spitzenkoch Paul Bocuse gestorben. Er war ein medialer Genius, der erste Fernsehkoch Europas in den siebziger Jahren und ein höchst erfolgreicher PR-Agent der klassischen französischen Küche.
Als «Kochpapst» gepriesen wurde er zum «Jahrhundertkoch» gekürt. Bocuse war es auch, der die gehobene Spitzengastronomie und ihre kulinarischen Ergüsse in die Stuben des einfachen Volkes brachte. Kochen war nun eine Spezie der «Kunst» geworden.
Paul Bocuse wurde 1926 in Collonges-au-Mont d`Or in eine Gastronomenfamilie geboren. Er lernte sein Fach unter anderem bei der berühmten Drei-Sterne-Köchin Eugénie Brazier in Lyon, bevor er das Restaurant der Eltern übernahm und im Laufe der Jahre zum weltberühmten Gourmettempel machte.
1958 verlieh ihm der Gastronomieführer Guide Michelin seinen ersten Stern. Der zweite folgte zwei Jahre später, der dritte 1965. Das Restaurant «Paul Bocuse» in Collonges-au-Mont d`Or hat die drei Michelin-Sterne nunmehr seit 53 Jahren - ein Rekord.
Unrühmlicherweise wurde Bocuse als Mitbegründer der «Nouvelle Cuisine» bezeichnet, die auf den Eigengeschmack frischer und hochwertiger Waren setzte. Klassiker seiner Küche waren die Trüffelsuppe, die der Starkoch 1975 für den damaligen Staatschef Valéry Giscard d`Estaing entwarf und Bressehuhn mit Morchelsosse. Alles klassische Gerichte.
Eugen Rieser, Redaktor des Klein Reports, konnte im Restaurant von Paul Bocuse bereits vor Jahrzehnten die klassische französische Küche geniessen. Am Gourmet-Festival in St. Moritz vor 20 Jahren wies er seinen Bezug zur «Nouvelle Cuisine» zurück. Dies sei eine Erfindung der beiden französischen Journalisten Henri Gault und Christian Millau, die den gleichnamigen Restaurant-Guide begründeten.
Sie wollten gegen den Reifenkonzern und dessen «Guide Michelin» einen alternativen Baedecker etablieren, der nicht nur die edle Ästhetik der Räume beurteilte, sondern auch was in diesen Restaurants und Beizen auf den Teller kam.
Paul Bocuse benutzte die «Nouvelle Cuisine»-Euphorie, um als Marketing-Genius eine umfangreiche Medienkampagne loszutreten. Er gründete Restaurants in Japan, Australien und den USA, lancierte kulinarische Fertigprodukte wie Büchsensuppen und präsentierte Kochsendungen im Fernsehen.
Bekannt ist auch sein mediales Engagement für den Beaujolais-Grosswinzer Georges Duboeuf, der der «Beaujolais Nouveau»-Idee wieder neuen Schub brachte. Bocuse gründete auch eine Gastronomieschule und rief den internationalen Kochwettbewerb «Bocuse d`Or» ins Leben.
Ingesamt kann man sagen, dass Bocuse als Medien- und Fernsehstar genial war, der omnipräsent auf allen Kanälen war und das Kochen zu einer geachteten Domäne der «Kunst» erhoben hat. Darum schrieb Frankreichs Innenminister auf Twitter: «Der Papst der Gastronomen hat uns verlassen.»