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Montag
24.06.2002

Vier Monate nach der Ankunft von Peter Rothenbühler steht die Redaktion der Boulevard-Zeitung «Le Matin» nur zum Teil hinter ihrem neuen Chefredaktor. Bei einer internen Abstimmung sprach ihm eine knappe Mehrheit das Vertrauen aus: 39 Redaktionsmitglieder legten bei der Vertrauensfrage ein Ja in die Urne, 32 ein Nein, 20 enthielten sich der Stimme. Rothenbühler wollte das der Nachrichtenagentur sda vorliegende Resultat am Montag nicht kommentieren. Für Kulturchef Christophe Fovanna ist die Abstimmung nicht eindeutig zu interpretieren. Die Misstrauensvoten könnten auch als Rückweisung der neuen Formel der auflagenstärksten Westschweizer Tageszeitung verstanden werden. Die Abstimmung dürfte aber keine Konsequenzen auf die Linie des Edipresse-Titels haben: Laut dem Verlag kommt die neue Formel - Tabloid-Format und mehr People-Themen - gerade bei Jungen sehr gut an.

Die Vertrauensabstimmung zeigt aber, dass die Krise, welche seit zwei Jahren die auflagenstärkste Zeitung erschüttert, Spuren in der Redaktion hinterlassen hat. «Die Leute sind müde», konstatiert Fovanna. Das Grundproblem liege in der geforderten Entwicklung zu einer «volksnaheren» Zeitung, sagt ein anderes Redaktionsmitglied, das anonym bleiben möchte. Die Journalisten seien dafür nicht ausgebildet, und viele fühlten sich in dieser Art von Zeitung unwohl, weil sie Substanzverlust befürchteten.