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Freitag
20.12.2019

Medien / Publizistik

«Storytelling»: Per Grankvist wurde von der schwedischen Regierung beauftragt, neun Städte bis 2030 mit klimaneutralen Geschichten zu unterhalten...

«Storytelling»: Per Grankvist wurde von der schwedischen Regierung beauftragt, neun Städte bis 2030 mit klimaneutralen Geschichten zu unterhalten...

ZDF History hat es vorgemacht: «Hitler und die Frauen», «Hitlers Architekt» und «Hitlers Geheimwaffen-Chef» eroberten öffentlich-rechtlich ein Millionenpublikum. Geschichte ohne Storys geht gar nicht.

Selbst angesehene Historiker verpacken ihre «kleinen Weltgeschichten» in mundgerechte Häppchen, die ohne allzu grosse Kopfschmerzen verspiesen und verarbeitet werden können.

Nun ist also auch die Politik dran: der Klimawandel, um ganz konkret zu sein. Feuilletons oder Zeitschriften für Urbanismus und Stadtplanung überschlagen sich vor Begeisterung: «To survive Climate Change, we’ll need a better story.» Zwar wünschen sich einige von uns nicht nur, den Klimawandel «zu überleben», sondern aufzuhalten, doch solche Kleinigkeiten interessieren bei neuen Mythen nicht.

Der Journalist und Sachbuchautor Per Grankvist wurde von der schwedischen Regierung damit beauftragt, neun Städte bis 2030 mit klimaneutralen Geschichten zu unterhalten und zu begleiten. Die Lokalpolitik sagt, welche Geschichten sie braucht, um ihre Städte nachhaltig zu planen.

Per Grankvist, der in seiner Heimat als «skandinavischer Malcolm Gladwell» etikettiert wird, soll alle Öko-Massnahmen wie ein Minnesänger bespielen. «Wir müssen Hoffnung verkaufen und dies alles auf Alltagsniveau», erklärt er in der «Süddeutschen Zeitung».

Früher nannte man das Politpropaganda, doch «Storytelling» klingt definitiv demokratischer: «All stories have to be locally anchored. You can't show someone the story of Malmo and expect it to work in Phoenix. It might not even be right for Stockholm. At the same time, there are many people in Phoenix, who already drive round in Teslas or electric BMWs, or want to, and who buy organic food and live sustainable lives. It's about finding those people, and then building a story around that.»

Interessantes Konzept, doch ob beim Tabakverbot einfach ein «geiles Storytelling» ausgereicht hätte, um die Restaurants und Bars rauchfrei zu machen, sei dahingestellt.

Ebenso wie punkto Artensterben die Bienen allein durch gute Geschichten nicht gerettet werden. Was ist eigentlich aus der klassischen demokratischen Gestaltung von Verboten und Gesetzen zwecks Wohl der Allgemeinheit geworden?, fragt sich da der Klein Report.