Auf den offenen Schlagabtausch von Kirch und Springer folgt nun eine Schadenersatzforderung und eine Sonderprüfung, der sich der Vorstand des Axel Springer Verlages auf Drängen des Medienunternehmers Leo Kirch stellen muss. Dies ist das Ergebnis der über achtstündigen Debatte an der ausserordentlichen Hauptversammlung am Dienstag in Berlin, welcher der 75-jährige Kirch und die Verlegerwitwe als Aufsichtsratsmitglieder beiwohnten. Kirch wirft der Geschäftsführung und der Mehrheitsaktionärin Friede Springer vor, die Insolvenz seiner Mediengruppe ausgelöst zu haben. Der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner und Mehrheitsaktionärin Friede Springer sollen ihn zum Rückkauf von Springer-Anteilen an der ProSiebenSat.1 Media AG gezwungen haben. «Sie wollten Leo Kirch durch die Erhöhung des finanziellen Drucks loswerden», sagte der Anwalt des Medienunternehmers, Roland Frohne.
Neben dem Antrag auf Sonderprüfung setzte Kirch auch Forderungen nach Schadenersatz von Springer durch. Diese hätten jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen und könnten erst vor Gericht geregelt werden, verlautete aus Unternehmenskreisen. An der Abstimmung durfte Mehrheitsaktionärin Friede Springer als Betroffene nicht teilnehmen. Damit setzte sich Kirchs PrintBeteiligungs (PB) GmbH, die die Springer-Aktien hält, durch. Die Sonderprüfung soll sich auch auf den Aufsichtsrat und die beiden Mehrheitsaktionäre erstrecken. Mehrere Kleinaktionäre meldeten Einspruch gegen die Beschlüsse an.
Gemäss Branchenkreisen wurde die ausserordentliche Hauptversammlung als «wohl letztes Störmanöver Kirchs» bezeichnet, wie «Die Welt» am Mittwoch schriebt. Denn Kirch, der 17 Jahre lang Aktionär des Verlags war, verfügt zwar noch formal über das 40-prozentige Paket, müsse es aber nun an die Deutsche Bank als Sicherheit für einen Kredit abgeben. Kirch hoffe noch immer darauf, das Paket selbst an den Ringier-Verlag verkaufen zu können. Doch ob Ringier als Hauptinteressent dafür zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro auf den Tisch legt, ist zur Zeit eher ungewiss. Es hänge davon ab, ob sich Springer und Ringier einig würden. Mit der Übernahme von Wunschpartner Ringier würde Springer mit einem Schlag zum grössten Verlagshaus Europas aufsteigen. Vergleiche auch Kirch-Springer: Offener Schlagabtausch
Mittwoch
25.09.2002