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Freitag
11.08.2000

Gemäss (internen) Zahlen der Kiosk AG haben die meisten Zeitungen und Zeitschriften in den ersten Monaten von Januar bis Mai äusserst schlechte Verkaufszahlen an den Kiosken erzielt. Bei den Print-Produkten ging der Umsatz im 1. Quartal um rund fünf Mio. Franken zurück, wie der Klein Report gestern berichtete.
Tobias Trevisan, Leiter Verlag NZZ, sieht ähnlich wie Weltwoche-Verlagsleiterin Uli Rubner, mögliche Ursachen unter anderem im veränderten Informationsverhalten durch das Internet. Trevisan: «Die NZZ verzeichnet schon länger einen Verkaufs-Rückgang an den Kiosken, seit Anfang 1999, also weit vor der Lancierung der Gratiszeitungen. Durch den Wirtschaftsaufschwung hat eine stark engagierte Zielgruppe wie die NZZ-Leserschaft möglicherweise wirklich weniger Zeit zum Lesen. Wahrscheinlich kann man sagen, dass es durch das Internet - nebst TV, Radio und neuen Zeitungen - mittlerweile zu einer Infromationsüberflutung gekommen ist. Bei der Neuen Zürcher Zeitung haben wir aber parallel zum Rückgang an den Kiosken Abo-Zuwachsraten, die diese Verluste deutlich übersteigen.»
Die Zahlen: Der Blick verzeichnete gesamtschweizerisch ein Minus von 8,83 %, der Tages-Anzeiger - 12,8 % und die NZZ - 7,63%. Für den Kanton Zürich lauten die Zahlen: Blick - 13 %, Tages-Anzeiger - 16 % und NZZ - 9 %. Die Bahnhofs-Kioske: Blick 18 %, Tages-Anzeiger 23 % und die NZZ 12 %.
Uli Rubner, Verlagsleiterin der Weltwoche, deren Kiosk-Zahlen im Schnitt auch unter den Vorjahreszahlen lagen, sieht verschiedene Ursachen. «Dieser Effekt zeigt sich nicht nur in Zürich sondern gesamtschweizerisch. Daran sieht man, dass nicht nur die Gratiszeitungen der Auslöser sind, sondern andere Einflüsse mitverantwortlich sind. Das Internet trägt sicherlich dazubei, denn die meisten Verlage stellen ihre Orginaltexte ins Netz, anstatt das Internet als Zusatzmedium zu betrachten. Dadurch entsteht eine Kannibalisierung. Eine andere Therorie, die mir plausibel erscheint, ist, dass die Leute in einer Phase des Konjunkturaufschwungs mehr arbeiten und deshalb weniger Zeit zum Lesen bleibt. Und ausserdem forcieren die meisten Verlage im Moment eher den Abo-Verkauf und drücken massiv reduzierte und Gratis-Abos in den Markt.»