Während die Europäische Union in der Regulierung der künstlichen Intelligenz (KI) Tempo macht, will die Schweizer Politik lieber nichts überstürzen. In der Medien- und Werbebranche herrscht Unsicherheit, was denn jetzt rechtlich eigentlich gilt.
So hat der Bundesrat vor drei Wochen bei Albert Röstis Departement eine Übersicht über «mögliche Regulierungsansätze» in Auftrag gegeben. Der Bericht soll bis Ende 2024 vorliegen. Bis dahin ist das Thema erst einmal vom Tisch.
Zurzeit gelten also einfach die geltenden Gesetze, die es schon vor dem Triumph von ChatGPT und Co gab.
Um die Gesetzeslücke zu überbrücken, werfen die Verbände derzeit mit Ratschlägen nur so um sich. Erst letzte Woche hat der Verlegerverband ein «Manifest» zur Verwendung der KI in den Medien verkündet, wie der Klein Report berichtete.
Nun zieht KS/CS Kommunikation Schweiz nach. Der Verband hat am Mittwoch ein vierseitiges PDF online gestellt, darin finden sich «rechtliche Praxistipps für die Verwendung von KI in der Werbung in der Schweiz».
Das Dokument versteht sich als Provisorium für die Übergangszeit, bis sich die Schweiz dann irgendwann mal KI-Regeln gegeben haben wird. «Wie sich die Gesetzgebung und die Rechtsprechung in der Schweiz in diesem Gebiet weiterentwickeln wird, bleibt abzuwarten und zu beobachten», heisst es da gleich im ersten Abschnitt.
Wer die insgesamt acht Tipps mit aller Sorgfalt von A bis Z befolgen will, braucht Sitzleder. Schon nur Punkt eins kann es in sich haben: «Klären Sie vor der KI-Eingabe von Inhalten (zum Beispiel Personendaten, Geschäftsdaten, Texte, Bilder) ab, was für Rechte an den Daten hängen und ob die KI-Systeme überhaupt mit diesen Daten gefüttert respektive trainiert werden dürfen.»
Denn Rechteinhaber müssen natürlich zustimmen, wenn geschützte Daten oder Arbeitsergebnisse für die Generierung von KI-Inhalten eingesetzt und bearbeitet werden. Zum Glück gibt es auch einfache Fälle, zum Beispiel, wenn ein bestehendes Logo erneuert werden soll, wofür es in ein KI-Designprogramm eingespeist wird. Ein Anruf genügt.
Auf der Output-Seite stellt sich zum Beispiel die Frage, ob das rechtlich geschützte Material, mit dem die KI gefüttert wurde, im künstlich kreierten Werbesujet noch als solches erkennbar ist. Falls ja, ist ein Rechtsbruch das wahrscheinlichste Szenario. Eine Klage wegen Verletzung der Urheber- oder Markenrechte könnte im Briefkasten landen.
Macht also ein Skigebiet zum Beispiel mit Barbie auf Skiern auf sich aufmerksam, ist es ein heikler Punkt, wenn die Kitsch-Ikone noch erkennbar ist. Aber auch, wenn die ursprüngliche Skimarke auf dem Output noch erkennbar ist, muss man entweder die Rechte dafür einholen oder die Erkennbarkeit tilgen.
Falls das verwendete Material im künstlich produzierten Werbe-Visual nicht mehr erkennbar ist, wird die Rechtslage dünn: «Zurzeit herrscht die überwiegende Meinung, dass am maschinellen Output kein Urheberrecht besteht; womit also die Ergebnisse aus urheberrechtlicher Sicht verwendet werden dürfen. Dennoch ist Vorsicht geboten: Bereits die Bearbeitung eines rechtlich geschützten Elements, aber auch der Output können je nach Umständen Rechte verletzen (zum Beispiel Bearbeitung eines urheberrechtlich geschützten Bilds; KI-generiertes Logo, das einer geschützten Marke ähnlich ist, unlautere Verwertung fremder Leistungen et cetera)», geht aus dem KS-Leitfaden weiter hervor.
Die wohl leichteste Massnahme, die höchstens am Berufsstolz der Kreativen scheitern könnte, ist die Transparenz. Der Verband empfiehlt, «wo immer möglich» offenzulegen, für welche Textpassagen, Bilder oder Entscheidungsfindungen KI zum Einsatz gekommen ist.
Ob «AI-generated» das neue Kleingedruckte der Banner und Plakate werden wird, bleibt genauso abzuwarten wie die helvetische Rechtssicherheit in Sachen KI.