Es sind die Gänsehautmomente in der Oper, wenn nach einer hingeschmetterten Arie des Tenors oder den Triolen der Primadonna assoluta der tosende Applaus des Publikums im Parkett sogar noch von den sich überschlagenden «Bravo»-Rufen auf den Stehplätzen übertönt wird.
Jetzt hat Corona auch diesem «Bravo» auf die Stimmbänder geschlagen. «So schwer es auch fällt: Verzichten Sie auf Bravo-Rufe», heisst es in den Covid-19-Informationen auf der Webseite der Wiener Staatsoper. Stattdessen: «Applaudieren Sie dafür umso lauter.»
Der Aufruf zum Bravo-Verzicht ist Teil der Massnahmen, mit denen der neue Direktor Bogdan Roščić in seine erste Saison starten muss. Den treuen Fans wird es sicher schwerer fallen als die zweite Massnahme auf den Stehplätzen. Denn dies ist eigentlich ein Upgrade. 183 Stehplätze sind aus Gründen des Social Distancing jetzt mit Stühlen ausgerüstet worden. Allerdings zum gleich gebliebenen Preis, wie vor Corona noch ein Stehplatz gekostet hat.
Der Stehplatz ist eine besonders wichtige Institution des Wiener Opernlebens. Die Wiener stehen für einen solchen Platz noch länger an beim Seiteneingang des Hauses am Ring, als die Zürcher für einen Turnschuh von Roger Federer vor dem Haupteingang des Jelmoli. Im Gegensatz zum geschickt vermarkteten Sneaker von On sind die Stehplätze in Wien allerdings die billigsten der Welt.
«Die Direktion der Wiener Staatsoper will gewährleisten, dass diese wichtige Einrichtung den Covid-19-Massnahmen nicht zum Opfer fällt», meint die Direktion. Denn die verbürgte Tradition gehört auch zur touristischen Vermarktung der Stadt.
Keine Weisungen gibt es, ob in der aktuellen Lage auch die «Buh»-Rufe verboten sind.