Bei der Plattform kath.ch überschlagen sich die Ereignisse. An der Generalversammlung vom Donnerstagabend ist der ganze Vorstand mit neuen Personen besetzt worden.
Nachdem auch Vorstandsmitglied Simon Spengler vor zwei Tagen schriftlich seinen Rücktritt bekannt gegeben hat, war es vor ein paar Wochen bereits Clemens Studer, der den Präsidenten des Vereins Katholisches Medienzentrum (KMZ), Adrian Müller, über seine Demission informierte. Nun schmeisst auch Müller definitiv hin.
Gegenüber dem Klein Report erklärte der Vereins-Präsident Anfang Juni, dass er eigentlich weitermachen wolle. «Grundsätzlich habe ich Lust, kath.ch gut in die Zukunft zu bringen», so Müller, der mit «Pace e bene» unterzeichnete. Doch nach der Ankündigung einer Kampfkandidatur machte Müller einen Rückzieher.
In Zukunft soll ein Co-Präsidium den Verein führen.
Raphael Rauch, Redaktor beim «SonntagsBlick», veröffentlichte am Mittwoch weitere aufsehenerregende Details über das katholische News-Portal. Unter der Schlagzeile «Sexismus-Vorwürfe gegen Schweizer Bischöfe» zitiert der Journalist aus einem internen Protokoll und schreibt, dass fast alle Vorstandsmitglieder zurückgetreten seien.
Bereits der Artikel «'Pace e bene'? Das katholische News-Portal kath.ch kommt nicht zur Ruhe» im Klein Report Anfang Juni, führte zu einer kommunikativen Eskalation auf Seiten der Kirchen-Verantwortlichen.
Befremdlich wirkte ein Telefonat vom 7. Juni an die Redaktion des Klein Reports von Sabine Stalder, der stellvertretenden Generalsekretärin der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), nachdem sie schriftlich mit einigen Fragen des Klein Reports konfrontiert worden war. Sie suche immer das Gespräch war der Grundtenor von Stalder.
Für den Klein Report wunderbar, doch anstatt zu sprechen, wurde Chefredaktorin Ursula Klein mit Vorwürfen und Unterstellungen eingedeckt sowie mit Nachforschungen über mögliche Hinweisgeber konfrontiert. Das «Wir sollten ins Gespräch kommen» dauerte geschlagene 15 Minuten und endete auch nach mehrmaliger Aufforderung «Dann reden Sie doch bitte, Frau Stalder» im Nichts.
Es wurden auf den Nachmittag des gleichen Tages Antworten versprochen, die dann aber mit «Danke für Ihre Anfrage. Wir werden dazu keine Stellung nehmen» abgeblockt wurden.
Die Fragen lauteten unter anderen, weshalb Präsident Adrian Müller in den Unterlagen nicht erwähnt wird, er aber sein Interesse signalisiert hat, und weshalb für den neuen Vorstand nur kirchliche Stakeholder vorgeschlagen wurden.
Anstatt zu antworten veröffentlichte die Schweizer Bischofskonferenz und die Römisch-Katholische Zentralkonferenz am Montagmorgen, dem 10. Juni, eine Medienmitteilung nach der Veröffentlichung des Artikels «'Pace e bene'? Das katholische News-Portal kath.ch kommt nicht zur Ruhe» im Klein Report.
Das kirchliche Schreiben trägt die Überschrift «Klärung zu Falschdarstellungen hinsichtlich der Besetzung der Leitungsfunktionen beim Katholischen Medienzentrum Zürich» und spart nicht mit justiziablen Vorwürfen gegen Beteiligte.
Das Schreiben, gezeichnet von Martin Wey, stellvertretender Generalsekretär der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), und Sabine Stalder von der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz, löste ein mittleres Erdbeben aus.
«Seit Längerem werden Berichte über die Nichtzustimmung von Medienbischof Josef Stübi zur Wahl von Annalena Müller in eine Co-Leitungsfunktion des Kath. Medienzentrums Zürich veröffentlicht, die falsche Informationen und Indiskretionen enthalten», heisst es da einleitend.
Diese Zustimmung sei in Absprache mit der SBK nicht erteilt worden, «weil der Vorstand des Vereins Kath. Medienzentrum Zürich, der für die Auswahl der Leitungspersonen zuständig ist, wesentliche Erkenntnisse aus dem Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt hat», heisst es in der Medienmitteilung weiter.
Die Zustimmung zur Wahl von Direktion und Redaktionsleitung/Chefredaktion – bei der es sich im Übrigen nicht um ein 'nihil obstat' handelt, wie in diversen Artikeln zu lesen war –, sei im «Rahmenstatut für die sprachregionale Medienarbeit der röm.-kath. Kirche in der Schweiz» geregelt.
Medienbischof Josef Stübi habe die Nichtzustimmung gegenüber dem Vorstand am 8. März 2024 mündlich und am 19. März 2024 schriftlich detailliert begründet. «Aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes können dazu keine weiteren Auskünfte erteilt werden. Die Anstellung von Annalena Müller als Journalistin beim Kath. Medienzentrum Zürich war seitens SBK und RKZ nicht in Frage gestellt», heisst es abschliessend in dem Rundumschlag.
Wohlwissend, dass die Kirchen-Verantwortlichen nicht nur vom Klein Report, sondern auch von anderen recherchierenden Medien jeweils Fragen erhalten haben, wählten sie den Weg des kommunikativen Powerplays. Eine immer beliebter werdende Form gegen Journalisten.
Auf die öffentlich verbreiteten Anschuldigungen in dieser Medienmitteilung sagte der Katholik und Jurist Loris Fabrizio Mainardi zum Klein Report: «Die 'Klärung' der Bischofskonferenz ist perfide: Negative Gerüchte gegen Annalena Müller anzudeuten, um diese mit Berufung auf 'Gründe des Daten- und Persönlichkeitsschutzes' nicht zu konkretisieren, ist persönlichkeitsverletzend.»
Auch Simon Spengler nimmt in seinem Rücktrittsschreiben vom 18. Juni Bezug auf den Rundumschlag von Martin Wey, (SBK), und Sabine Stalder (RKZ). Spengler könne sich eine weitere sinnvolle Zusammenarbeit nicht länger vorstellen. «Schon gar nicht nach den jüngsten öffentlichen Verlautbarungen von RKZ und SBK, die allesamt ohne Rücksprache mit dem gewählten Vorstand erfolgten», so der Theologe und Journalist.
«Vor allem die Erklärung von SBK und RKZ vom 10. Juni, wonach der Vorstand bei der Auswahl der Leitungspersonen 'wesentliche Erkenntnisse aus dem Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt' habe, ist nicht nur bewusst verfälschend, sondern auch bösartig diffamierend», konstatiert Spengler, der die Gesamtverantwortung Kommunikation der Katholischen Kirche im Kanton Zürich innehat. Er stehe deshalb für eine Wiederwahl in den Vorstand nicht länger zur Verfügung.
Das Leitmotto der letzten Jahre, das der Vorstand des Medienzentrums konsequent eingefordert habe, war «katholisch, aktuell, relevant». «Nicht immer wurden wir diesem Anspruch gerecht, das soll nicht verschwiegen werden. Ebenso wenig soll verschwiegen werden, dass die Arbeit des Vorstands und der Redaktion in der jüngeren Vergangenheit zunehmend von einem Teil der kirchlichen Stakeholder nicht mehr mitgetragen wurde», zieht Spengler Bilanz.
«Offen zutage traten die grundsätzlich verschiedenen Haltungen, was kritisch-loyaler Kirchenjournalismus sein soll, bei der Neubesetzung der Chefredaktion/Direktion nach dem Rücktritt des langjährigen Direktors Charles Martig.»