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Freitag
17.06.2016

Werbung

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Mit der Erfahrung von sechs gewonnenen Cannes-Lions weiss Olivier Girard, Gründer und Creative Director von M&C Saatchi, was es braucht, um eine der begehrten Auszeichnungen für Kreative zu gewinnen.

Dieses Jahr muss die Cannes-Jury, zu der auch Girard gehört, über 40 000 Einreichungen beurteilen. Viel Arbeit für den Kreativexperten, der zuvor im Interview mit Vera Tschan für den Klein Report erklärt, worauf er besonders achtet und wie die Schweizer Werber im internationalen Vergleich abschneiden.

Was macht Sie als Jurymitglied aus, worauf achten Sie besonders?
Olivier Girard: «Eben darauf, die besten und nur die besten Ideen auszuzeichnen. Wie sie produziert werden, ob sie neu und strategisch durchdacht sind, ob sie eine Änderung im Verhalten der Leute hervorrufen, ob die Technologie dem Menschen dient und nicht umgekehrt. Das alles, ohne sich von dem Markennamen oder dem Star in der Werbung beeinflussen zu lassen.»

Hängt die Jury manchmal zu sehr an bekannten Namen und Grössen?
Girard: «Oft gewinnen Marken, welche im darauffolgenden Jahr wieder mit derselben Idee gewinnen. Es liegt an der Jury, dies zu stoppen. Damals gewann eine super Idee, heute bringt sie jedoch nichts Neues und auch wenn es eine gute Idee bleibt, muss man sie nicht nochmals auszeichnen. Ich arbeite bereits seit 27 Jahren in dieser Branche und manchmal kommt es mir so vor, als ob wir unter einem Kurzzeitgedächtnis leiden.»

Wie verhält sich die Schweiz in der Werbebranche im Vergleich?
Girard: «In Bezug auf die Werbekreativität verhält sich die Schweiz im Vergleich zu den anderen Ländern typisch schweizerisch: Respektvoll, scheu, seriös. Das sind eigentlich gute Qualitäten, in der Werbung sind das jedoch introvertierte und nicht kreative Werte. Dies ist Teil unserer DNA, wir könnten aber auch stärker auftreten.»

Hinken unsere Werber der Konkurrenz hinterher?
Girard: «Ehrlich gesagt, kann man nicht behaupten, ob die Schweiz zurückgeblieben oder vorne mit dabei ist, das ändert sich sowieso ständig. Aber man kann sagen, dass wir weniger wagen als die anderen, dass uns eine gewisse Spontaneität fehlt und dass wir nicht gerne provozieren. Wir sind bescheiden.»

Sie selber haben bereits sechs Lions nach Hause gebracht. Was ist das Geheimnis einer guten Kampagne?
Girard: «Falls es ein Geheimnis gäbe, würde ich es Ihnen sicher nicht verraten. Aber es gibt keins. Als erstes darf man es sicherlich nicht so machen wie die anderen und nicht die letztjährigen Gewinner nachahmen. Aber ein Punkt muss immer im Hinterkopf bleiben: Es muss simpel sein.»

Also ist es einfach, einen Lion zu gewinnen?
Girard: «Ich zitiere gerne meinen Chef, Maurice Saatchi: `It’s easier to complicate than simplify. Simple ideas enter the brain quicker and stay there longer. Brutal simplicity of thought is therefore a painful necessity.` Eine 18-köpfige internationale Jury muss also sofort verstehen, worum es geht. Man darf auch nicht vergessen, dass die Jury Tausende von Cases sieht und jeder nur eine Minute geschenkt bekommt. Eine gute Idee ist universell und hat keine Nationalität. Ich versichere Ihnen, dass das Einfache schwieriger ist als das Komplizierte. Eine Idee zu formen, ohne viel zu sagen, aber visuell viel anzuregen, ist wichtiger, als einfach alles preiszugeben. Überraschen Sie!»