Wieviel Humor darf ein Staatsanwalt zeigen? Am 17. November 2021 publizierte die «Krone» in Österreich das Foto einer Karikatur. An und für sich nichts Verwerfliches für eine Zeitung.
Allerdings: Die Karikatur kam nicht einfach so ins Blatt, sondern sie prangte beim Fotografieren auf der Bürotür eines leitenden Staatsanwaltes.
Zu sehen sind der heutige Ex-Kanzler Sebastian Kurz, sein damaliger Finanzminister Gernot Blümel, der frühere Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG Thomas Schmid sowie Meinungsforscherin Sophie Karmasin. Alle vier waren karikiert mit einer Pinocchio-Nase, dem Synonym für Lügner.
Gegen alle vier ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die Befragungen im U-Ausschuss starten am 2. März. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die ÖVP fand die Karikatur schon damals wenig lustig. Die Partei von Kurz sieht darin die «Voreingenommenheit eines Ermittlers».
Es folge umgehend eine parlamentarische Anfrage bei Justizministerin Alma Zadić.
Inzwischen ist gemäss «Krone»-Ausgabe vom Sonntag die Antwort eingetroffen: «Zuständigkeit für das Befestigen von Bildern oder Karikaturen in Büros, Gängen oder Türen gibt es nicht.» Somit gibt es für den lustigen Staatsanwalt auch keine dienstrechtlichen Konsequenzen. Dafür verordnet die Justizministerin eine Änderung der Hausordnung im Justizministerium. Die Pinocchio-Familie hängt inzwischen irgendwo privat. Der Klein Report vermutet auf dem Klo des Staatsanwalts.
Das Schmankerl ist nicht die einzige Auseinandersetzung der Justiz in Wien mit Karikaturen rund um Kurz. Im vergangenen Dezember hat der «Best of Böse»-Jahresrückblick der Wochenzeitung «Falter» für Aufregung gesorgt. Eine mit «Geilzeit» betitelte Fotomontage – in Anlehnung an sein im Wahlkampf eingesetztes Auto «Geilomobil» – zeigte Ex-Kanzler Sebastian Kurz mit seiner Lebensgefährtin Susanne Thier. Diese war mit entblösster Brust abgebildet, denn das Bild war im Stil der weihnächtlichen Krippenszene künstlerisch verunstaltet.
Mehrere Leute aus der Politszene befürchteten mit der Blossstellung der Politiker-Partnerin einen Eingriff in den Persönlichkeitsschutz und wandten sich an den Presserat. Dieser erklärte die Montage nun als medienethisch zulässig. «Die Bildveröffentlichung ist eine Persiflage darauf, dass vor allem familiäre Gründe und nicht belastende Chatnachrichten für den Rückzug aus der Politik ausschlaggebend gewesen seien», interpretierte der Presserat letzte Woche. «Gelungen» sei die Satire trotzdem nicht.