Vor zwei Monaten wurde Julian Reichelt als «Bild»-Chef gefeuert. Ihm wurden Machtmissbrauch und zahlreiche Affären vorgeworfen.
In einem Interview mit der «Zeit» äussert sich der Verstossene nun erstmals ausführlich und zeigt an mehreren Stellen seine Enttäuschung über Mathias Döpfner, den Chef des Axel-Springer-Konzerns.
Auf die Frage, ob er seinen «Rauswurf» habe kommen sehen, sagte Reichelt: «Nein, ich war im Urlaub, stand am Autozug nach Sylt, als der Anruf von Mathias auf dem Handy kam. Nach zwanzig Jahren loyaler Arbeit, zehn davon in Kriegsgebieten, wurde ich in zwanzig Minuten am Telefon entsorgt.»
Reichelt war über Döpfners Anruf offenbar erstaunt. Man habe ihn unterm Strich wegen einer Beziehung rausgeworfen. «Dafür, dass ich einen Menschen liebe. So etwas sollte es nicht geben. Aber es ändert rein gar nichts an unserem Glück.»
Ein Springer-Sprecher teilte dagegen auf Anfrage mit: «Wir haben unserer bisherigen Darstellung nichts hinzuzufügen.»
Der Ex-Chefredaktor wurde auch gefragt, ob er ohne «Bild» leben könne, die Zeitung sei doch sein Leben gewesen. Dem entgegnete Reichelt: «Das ist falsch. Nicht Julian Reichelt ist 'Bild', sondern: 'Bild' war Julian Reichelt. Was diese Marke dargestellt hat, basierte auf meiner Arbeit, meinen Gedanken.»
Noch offen ist ein Rechtstreit mit dem «Spiegel». Das Magazin hat unter dem Titel «Vögeln, fördern, feuern» über Reichelt berichtet. Dieser hatte eine einstweilige Verfügung erwirkt, weil er vor Gericht eidesstattlich versicherte, dass ihm die vor Veröffentlichung gestellten Fragen von der Springer-Pressestelle nicht weitergeleitet wurden. Der «Spiegel» hatte Reichelts Antworten nachträglich online ergänzt, jedoch sah der Ex-«Bild»-Chef darin eine Verletzung der einstweiligen Verfügung. Der Artikel ist nun offline. Der «Spiegel» werde aber dagegen vorgehen, wie «Medieninsider» berichtet.
Über seine berufliche Zukunft sagte Reichelt im Interview mit der «Zeit», dass er auf jeden Fall weitermachen wolle. Er ergänzte: «Wenn es keinen passenden Job gibt, hat man in einem freien Land ja die Möglichkeit, sich diesen Job selber zu schaffen.» PR soll es aber nicht sein, sondern wieder Journalismus für die Massen. «Ich liebe es, Millionen Menschen eine starke Stimme zu geben.»