Gegen das deutsche Nachrichtendienstgesetz protestieren mehrere Organisationen vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe. Ins Visier der Überwacher könnten in Zukunft auch investigative Projekte wie die Paradise Papers rücken.
Konkret ermögliche das seit einem Jahr geltende Gesetz dem Bundesnachrichtendienst (BND), Journalisten im Ausland «praktisch schrankenlos zu überwachen und die Informationen mit anderen Geheimdiensten zu teilen», kritisieren die Kläger unter anderem.
In Projekten wie den Paradise Papers haben investigative Journalisten international kooperiert. «Wenn der BND ausländische Journalisten überwacht, höhlt er damit auch das Redaktionsgeheimnis in Deutschland aus», kommentierte Reporter ohne Grenzen (ROG), die die Klage mitträgt, die Bedeutung des Gangs vor den obersten Gerichtshof in Deutschland.
Im Februar 2017 hatte der «Spiegel» aufgedeckt, dass der BND ab 1999 offenbar gezielt ausländische Journalisten von renommierten Medien überwachte, unter anderen von BBC, Reuters und der «New York Times». Doch anstatt dem BND künftig Schranken zu setzen, legalisierte die Bundesregierung die Praktiken mit dem neuen BND-Gesetz.
Dieses schützt Menschen unterschiedlich stark vor einer Überwachung, abhängig von ihrer Nationalität: Kommunikation von Deutschen darf der Auslandsgeheimdienst nicht abfangen, von EU-Bürgern unter Einschränkungen und von Nicht-EU-Bürgern immer dann, wenn es die «Handlungsfähigkeit Deutschlands» wahrt.
«Letzteres ist eine Quasi-Vollmacht, ausserhalb der EU massenhaft Kommunikation zu filtern», bemängeln die Beschwerdeführer. «Schutzrechte für Journalisten fehlen vollständig.»
Unter den Klägern sind viele investigative Journalisten, unter anderem die Trägerin des alternativen Nobelpreises, Khadija Ismajilowa aus Aserbaidschan, und der mexikanische Investigativjournalist Raul Olmos, der Teil des internationalen Reporter-Teams war, das die Paradise Papers ausgewertet hat.
Auch die internationale Organisation ROG, die in Paris zuhause ist, zählt zu den Klägern, die vor dem Gericht in Karlsruhe eine Verletzung der Pressefreiheit und des Rechts auf geschützte Kommunikation beanstanden.