Im Zuge der Affäre rund um den Ex-Chefredaktor Julian Reichelt hat die «Bild»-Zeitung viele Schlagzeilen auch in eigener Sache gemacht.
Jetzt will Nachfolger Johannes Boie die Kultur beim Boulevard-Medium wieder «verbessern», wie er in einem OMR-Podcast verraten hat. Auf dieser Plattform für Online-Marketing hat Boie ebenfalls angekündigt, dass er gleichzeitig «die digitale Transformation des Kerngeschäfts weiter vorantreiben» will.
Im Gespräch mit Philipp Westermeyer von OMR gelobte Boie eine Besserung der Kultur auf der Redaktion, die er gemeinsam mit seiner Kollegin Alexandra Würzbach in der Chefredaktion sowie seinem Kollegen Claus Strunz angehen will.
Für die geplante Transformation hat Boie bisher mehr als hundert Einzelgespräche geführt. Man gehe mit Kritik jetzt auch anders um bei «Bild» – und stelle sich dieser auch, wenn sie berechtigt sei.
Komplett verändern will Johannes Boie die «Bild» aus dem Axel-Springer-Konzern unter der Führung von Mathias Döpfner aber nicht. Die grundsätzliche DNA soll bleiben: «Wenn du keinen Boulevardjournalismus in diesem Land hast, wird Journalismus zu einem Elitenprojekt.» Und auch in anderen Punkten geht der neue Chefredaktor inhaltlich auf Distanz zum vermeintlichen journalistischen Mainstream: «Wir erziehen nicht, das überlassen wir den Öffentlich-Rechtlichen, die das ja in ganz vielen Sendungen schon machen», meint er auf OMR.
Auch den Experimenten dieser grossen Sender mit TikTok kann Boie nicht viel abgewinnen. TikTok habe er nicht auf seinem Handy. Deshalb will er es mit «Bild» auch nicht bespielen. Das Netzwerk komme aus China, begründet Boie die Haltung. Dort herrsche eine «knallharte Diktatur».
Zur Berichterstattung über die Ukraine meine Boie, dass diese enorm wichtig sei und täglich erfolgen müsse. Man dürfe dabei aber nicht ausser Acht lassen, dass es auch noch andere Themen gibt, die unbedingt ins Blatt müssen. Auf die Frage, wie wichtig für ihn die Klickzahlen sind, kam Boie auf die «berühmte Blattmischung» zu sprechen und meinte: «Der Algorithmus ist der Mensch, aus seinem journalistischen Impuls raus.»
Als die aktuell geltende Strategie für die Platzierung der Inhalte nannte Boie «Story First» wichtiger als «Online First». Dabei sei es klar, dass man einen Primeur kaum bis zum nächsten Tag für die Printausgabe aufsparen könne. Die Form für alle Gefässe müsse aber eine fesselnde Story sein.
Was die Härte betrifft, mit der manchmal gestrauchelte Persönlichkeiten wie zum Beispiel Boris Becker oder entzauberte Stars aus der Welt des Fussballs im Blatt gebrandmarkt werden, sei Boulevard-Journalismus eben «immer harsch». Aber seit seiner Zeit bei «Bild» habe er sich noch nie entschuldigen müssen. Bei einem Fehler würde er es «sofort tun».
Auf die Frage, wo er sein Medium in den nächsten fünf Jahren sehen will, meinte Boie, «Bild» solle zur grössten, besten und stärksten Medienmarke in Europa werden.