Schon seit Juni rät das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck den Deutschen auf Plakaten und Bannern, ihre Spaghetti nicht erst ins kochende Wasser zu geben, sondern mit dem Wasser zu erhitzen.
Von der Schweizer Energieministerin Simonetta Sommaruga ist in dieser Tonlage bisher wenig bis nichts zu vernehmen gewesen.
Pünktlich auf den Beginn des Frühherbstes hat sich das nun geändert. An einer ausführlichen Medienkonferenz, an der neben Sommaruga und Wirtschaftsminister Guy Parmelin auch die Wirtschaftsverbände und die Kantone vertreten waren, ging der Bund am Mittwochnachmittag kommunikativ in die Offensive.
«Energie ist knapp. Verschwenden wir sie nicht» lautet der (etwas sparsam geratene) Slogan der in Bern enthüllten Kampagne, die aus der Küche von Scholz & Friends Zürich kommt.
«Wenn man den Leuten im Sommer, wo es so heiss ist, sagt, wie sie sparen müssen, versteht das niemand», erklärte Sommaruga noch vor ein paar Wochen gegenüber dem «SonntagsBlick» ihr kommunikatives Laisser-faire angesichts des drohenden winterlichen Blackouts.
Die nun lancierte Kampagne soll die Massnahmen ergänzen, die die Regierung inzwischen aufgegleist hat, wie zum Beispiel, mehr Gas zu verstromen. Erarbeitet worden ist der Appell an die Sparsamkeit «gemeinsam mit über 40 Partnern aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und der öffentlichen Hand», wie es an der Medienkonferenz hiess. Die Federführung lag bei den Bundesämtern für Energie und für Wirtschaftliche Landesversorgung.
Nach wie vor ist alles auf die Einsicht der Bürger und das freiwillige Runterschrauben von Radiatoren und Produktionsprozessen ausgelegt, wie schon beim 15-Prozent-Gas-Sparziel, das der Bundesrat letzte Woche propagiert hat.
Laufen soll die «Energie ist knapp»-Kampage bis April 2023. Der Slogan «Verschwenden wir sie nicht» ist also ein heisser Kandidat für den Ohrwurm zur Energiekrise 2022/2023 – in Umlauf gebracht in einem Moment, in dem uns das «So schützen wir uns» aus den letzten beiden Corona-Wintern noch im Ohr sitzt.
Es ist unübersehbar, die Krisen überlagern sich, auch kommunikativ. Damals gings um die Drosselung der Wärme im Zwischenmenschlichen, nun um jene aus der Steckdose oder Gasleitung. Stehlampen oder die technischen Gerätchen abschalten, wenn man sie nicht unbedingt benötigt, oder vitamin- und energieschonendes Kochen – solche Dinge sind jetzt angesagt. Und voraussichtlich noch bis in den fernen Frühling 2023 hinein.
Das erinnert ohne Einbussen an einen Klassiker des helvetischen Haushaltens: 1988 lebte Adolf Ogi in aller TV-Öffentlichkeit die Sparsamkeit beim Eierkochen vor. Und so gehts: Das Ei zusammen mit zwei Fingerbreit Wasser in eine Pfanne geben, Deckel drauf, wenn es sprudelt Herd aus, damit die Restwärme ein Übriges tut.
Was so einfach ist, kann so schlimm nicht werden: Die praktische Vernunft von «Dölf» – dem Landesvater mit dem erneuerbaren Sympathiebonus – wird uns beim Sprung über die Energielücke bestimmt auch moralisch unterstützen, wagt der Klein Report zu prophezeien.