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Montag
28.11.2022

TV / Radio

Satire-Plakat im RAF-Stil: Für Hinweise, die zur Ergreifung der Gesuchten führen, winkt «eine Belohnung von 100’000 D-Mark». Diese Gewalttäter würden von ihrem Jagdschein rücksichtslos Gebrauch machen...   (Screenshot Twitter)

Satire-Plakat im RAF-Stil: Für Hinweise, die zur Ergreifung der Gesuchten führen, winkt «eine Belohnung von 100’000 D-Mark». Diese Gewalttäter würden von ihrem Jagdschein rücksichtslos Gebrauch machen... (Screenshot Twitter)

Der Satiriker Jan Böhmermann sorgt wieder einmal für Zoff. Schon im Vorfeld seiner Sendung «ZDF Magazin Royale» suchte er am Freitag via Twitter auf Fahndungsplakaten im RAF-Stil unter anderem nach FDP-Politiker Christian Lindner und Ehefrau Franca Lehfeldt sowie nach Welt-Gruppe-Chefredaktor Ulf Poschardt und Stefan Aust.

Auf Böhmermanns Fahndungsliste stehen unter anderem auch der Comedian Dieter Nuhr oder Springer-Chef Mathias Döpfner.

Am Freitagabend, eine Stunde vor Mitternacht, wurde aus dem Klamauk in der Livesendung dann Ernst. Diese «linksradikalen Gewalttäter» würden «wegen Beteiligung an staatsfeindlichem Aktivismus, Bildung einer kriminellen Vereinigung, gemeinschaftlicher Vorbereitung schwerer staats- und menschheitsgefährdender Straftaten und anderer Straftaten steckbrieflich gesucht», präzisierte Böhmermann.

Abgezielt hat er mit seiner Satire auf den aktuellen Populismus.

«Jan Böhmermann betreibt aktivistischen Journalismus im Kontext der Satire. Die Springer-Kollegen wie Ulf Poschardt übertreiben nicht minder, sind aber keine Satiriker, sondern Journalisten. Das ist der Unterschied», kommentiert am Samstag wohlwollend Tomasz Kurianowicz in der «Berliner Zeitung».

Böhmermanns Sendung sei ein Beispiel für genau diese Dialektik, wie populistische Logiken funktionieren. «Sie war aus der linken Logik heraus gut gemacht und zeigte: Böhmermann hat einen Nerv getroffen.»

Er habe gezeigt, wie Verschwörungsideologien funktionieren, indem er ihrer Logik folgte. Dazu nahm er Fakten, Fotos und Interview-Schnipsel. Diese zerlegte er und entriss sie damit ihrem Kontext. Er stellte Fakten auf den Kopf, drehte sie zurecht, sodass sie seine «These» validieren.

Das Schema dient einer Vereinfachung der Welt und soll Panik schüren. Dann kann man mit dem Finger auf die vermeintlich Schuldigen zeigen.

Zu den Witzobjekten der Sendung erklärte der Moderator vor allem führende Politiker der FDP. Christian Lindner zum Beispiel führe heute seine Gruppe, also die FDP, wie ein «Terror-Start-up» an.

Für Luisa Schwebel beim «Stern» ist «Böhmi» mit solchen Anspielungen zurückgekehrt zu seiner Paradedisziplin, der Satire. Seine neuesten Opfer seien dabei kein Geringerer als der Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sowie die «Welt»-Gruppe.

Ins Visier der Satire sind nämlich auch prominente Stimmen der Zeitung «Welt» und damit des Springer-Verlages gekommen. Die «Welt»-Kolumnistin Anna Schneider, die ebenfalls auf dem Plakat abgebildet ist, konterte auf Twitter ironisch, es sei «völlig cool und normal, dass der auch von meinen Gebühren zwangsfinanzierte ÖRR-Clown mich und andere, die nicht denken wie er, zum Terroristen erklärt».

Aufgehängt waren die Pointen am Umgangston, wie zum Beispiel «Welt am Sonntag»-Herausgeber Stefan Aust und seine Leute mit den Teilnehmenden der letzten Klima-Proteste umgehen. Hier waren Vergleiche mit einer «terroristischen Vereinigung» oder auch die Bezeichnung einer «Klima-RAF» zu hören.

Nicht allen hat der Humor gefallen. Aber der Satiriker habe mit seiner neusten «Neo Magazin Royale»-Sendung ein Beispiel geliefert, wie dünnhäutig die Gesellschaft ist. «Springer-Journalisten und FDP-Politiker auf Fahndungsplakate zu drucken, wie es Jan Böhmermann getan hat, erschüttert die Betroffenen», lobt die Kritik weiter.

Andere Stimmen sagen: Das war vor allem geschmacklos. Im Grundton klingt der Vorwurf durch: Das war sogar hetzerisch.

Danyal Bayaz, der baden-württembergische Finanzminister und Grünen-Politiker, schreibt auf Twitter: «Menschen zur Zielscheibe zu machen, ist toxisch und brandgefährlich – und sei es im Namen von Satire. Bitte einmal dringend an die frische Luft und innehalten.»