Content:

Mittwoch
22.11.2017

IT / Telekom / Druck

In kurzer Zeit kamen 800 Ideen zusammen

In kurzer Zeit kamen 800 Ideen zusammen

Um neue Produkte zu entwickeln, setzen Unternehmen mehr und mehr auf die Kreativität der Community. Doch die Ideen, die in den «Crowdsourcing»-Wettbewerben am erfolgreichsten um die Likes der User wetteifern, sind laut einer neuen Studie nicht unbedingt die besten. 

Zum Beispiel Rivella: Als der traditionelle Getränkeproduzent aus Rothrist 2012 eine neue Geschmacksrichtung auf den Markt bringen wollte, konsultierte er zuerst die Glaskugel der «Crowd». Und siehe da: Innert kurzer Zeit kamen über 800 Ideen zusammen. Am meisten Furore auf der Crowdsourcing-Plattform machte ein gesundes Ingwer-Getränk. 

Bei genauerem Hinsehen bemerkten die Rivella-Verantwortlichen allerdings, dass ein recht kleines Grüppchen von Usern die Ingwer-Idee in der Community mit viel Lärm gepusht hatten. Und sie entschieden sich für einen anderen Taste.

«Soziale Verzerrung» nennt Reto Hofstetter, der an der Uni Luzern Betriebswirtschaft lehrt, solche Vorgänge. Während 14 Monaten untersuchte sein Team 87 Crowdsourcing-Projekte auf der Innovations-Plattform Atizo.

Der Segen des Ideenreichtums ist gleichzeitig ein Fluch: Pro Ideen-Wettbewerb werden auf dem Portal im Schnitt über 350 Ideen gepostet. Weil die Auswertung dieser Fülle recht aufwändig ist, können die User auf Atizo die Ideen auch gleich selbst bewerten und kommentieren.

«Diese Likes und Kommentare haben Einfluss», heisst es in der Luzerner Studie dazu. «Denn die Firmen nutzen dieses Bewertungssystem für die Entscheidung, welche Ideen belohnt werden.» Was aber nicht immer zu ihrem Vorteil ist. 

Denn die ungeschriebenen Gesetze, die auf Facebook gelten, gelten auch auf Atizo: Zum Beispiel zeigte sich, dass die Urheber von Ideen positive Kommentare oder Likes mit ebensolchen verdankten, egal ob ihnen die Idee der anderen tatsächlich gefielen oder nicht. Ebenso wurden die Ideen derjenigen Atizo-User, mit denen sie als «Freunde» vernetzt sind, öfter gelobt als jene von Unbekannten. 

So kreativ die «Crowdsourcing»-User als Ideengeber auch sein mögen: Ihre Bewertungen widerspiegeln vor allem die Gepflogenheiten in den sozialen Medien und müssen nicht viel aussagen über die Qualität der Ideen.