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Sonntag
06.11.2016

Vermarktung

Nicht transparent: Migros-Rabattcoupons

Nicht transparent: Migros-Rabattcoupons

Der Detailhandel befindet sich in einer schwierigen Situation: Frankenstärke, Einkaufstourismus, steigende Konkurrenz durch Onlineshops und stagnierende Detailhandelsumsätze erhöhen den Druck auf das Management.

Seit September vergibt die Migros Rabattcoupons an ihre Cumulus-Kunden, die auf individuellen Einkaufsdaten beruhen.

Im Prinzip wird das, was bisher monatlich mit den Cumulus-Coupons ins Haus kam, nun per Kassenbon und Migros-App dynamisiert. Dies sorgt bei der Stiftung für Konsumentenschutz für Kritik, da diese Aktion zu wenig transparent und den Kunden nicht klar sei, dass diese Rabatte nur aufgrund der Auswertung ihrer Daten gewährt wurden.

Mit individuellen Rabatten könnten gemäss Branchenkennern Ertragssteigerungen von bis zu zehn Prozent erreicht werden. Für den Klein Report liegt es auf der Hand, dass individuelle Rabatte aber gleichzeitig auch personifizierte Preise bedeuten. Das wird von Migros-CEO Herbert Bolliger vehement bestritten. Trotzdem ist klar, dass nicht jeder Kunde an der Kasse für das gleiche Produkt gleichviel bezahlt, was eben schon ein personalisiertes Pricing darstellt, da nicht klar ist, warum nun gerade dieses Produkt und nicht jenes besonders rabattiert wird.

Marketingspezialisten sind sich einig: Die Mehrheit der Konsumenten will keine personalisierten Preise. Ihnen ist Transparenz und Referenzpreise wichtiger. Denn nur so können verlässliche Preisvergleiche angestellt werden. Dies wird durch verschiedene wissenschaftliche Studien belegt und zeigt auch eine Befragung von «20 Minuten».

Treueangebote und Mengenrabatte finden zwar grundsätzlich breite Unterstützung, aber nur wenn sie von jedem gleichermassen verdient werden können. So zum Beispiel, wenn Einkäufe an einem bestimmten Wochentag besonders belohnt werden. Sie gehören zu den sogenannten «fairen Rabatten», da jeder selber entscheiden kann, ob er davon profitieren will oder nicht. Unfair wird es aber, wenn unterschiedliche Kunden unterschiedliche Rabatte bekommen.

In diesem Sinne hat die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) schon recht. Eine Ankündigung im «Migros Magazin» reicht kaum aus, um die Konsumenten zu informieren. Das Thema ist komplex und heikel. Etwas mehr Aufmerksamkeit müsste dieser Befindlichkeit gewidmet werden, dann würden auch keine heftigen Proteststürme mehr ausgelöst.

Was dynamische oder personalisierte Preise und Rabatte anstellen können, haben viele Konsumenten beim Online-Shopping erfahren. Wenn der Ort, Zeit oder das Gerät, von wo der Onlineshop aufgerufen wird, zu unterschiedlichen Preisen führt, ist der Spass vorbei.

Moderne dynamische Pricing-Algorithmen lassen zum Beispiel iPhone User mehr für einen Flug, das Hotel oder ein Buch bezahlen, als Nutzer anderer Smartphones. Warum? Weil diese Konsumenten es sich leisten können. Der Algorithmus geht davon aus, dass nur Wohlhabende ein iPhone nutzen. Am meisten bezahlt, wer unterwegs - hoher Leidensdruck mit einem Apple-Produkt - wohlhabend in einer «reichen» Gegend online einkauft.