Der Bestsellerautorin Arundhati Roy («Der Gott der kleinen Dinge») droht wegen heftiger Kritik am höchsten indischen Gericht eine Gefängnisstrafe. Das Urteil wird für diesen Mittwoch erwartet. Roy (40) wurde der «Missachtung des Gerichts» angeklagt und könnte mit bis zu sechs Monaten Haft bestraft werden. Sie hatte dem Gericht vorgeworfen, Kritik an seinem Urteil über den Bau eines Grossstaudamms unterdrücken zu wollen. Roy sagte, sie wolle auf keinen Fall ins Gefängnis aber sie werde auch nicht nachgeben: «Wenn ich das Gefühl hätte, ich müsste mich entschuldigen, hätte ich mich entschuldigt». Es gehe um das Recht auf freie Meinungsäusserung und darum, dass auch das höchste Gericht Rechenschaft schuldig sei. Roy arbeitet seit Jahren bei der «Narmada Bachao Andolan» (NBA) mit, die den Bau eines Staudamms im Narmada-Tal im Westen Indiens verhindern will, da laut NBA-Angaben dadurch 40 000 Familien Vertrieben würden. Das höchste Gericht hatte im Oktober 2000 entschieden, dass der Bau rechtens sei. Die Schriftstellerin hatte mit NBA-Anhängern in Neu Delhi vor dem Gerichtsgebäude gegen diesen Entscheid demonstriert, worauf sie von Rechtsanwälten angezeigt wurde. Die Anzeige wurde vom Gericht verworfen, Roys Verteidigungsschrift löste jedoch eine neue Anklage aus: Die Autorin schrieb, wenn sich das höchste Gericht mit einer so nichtigen Angelegenheit wie der Anzeige der Anwälte gegen sie beschäftige, zeige dies eine Neigung, Leute zu schikanieren, die nicht mit dem Urteil der Richter übereinstimmten.
Dienstag
05.03.2002