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Montag
06.08.2012

Der Film «Image Problem» löste bei seiner Premiere am Filmfestival Locarno nicht nur Begeisterung aus. Während die einen am Freitag im Auditorium Fevi bei manchen Szenen lachten, blieb anderen das Lachen im Hals stecken. Der satirische Dokumentarfilm ist als Reise durch die Schweiz angelegt, auf welcher die beiden Filmemacher Andreas Pfiffner und Simon Baumann Sujets für einen Werbefilm über die Schweiz suchen, um das Ansehen des Landes aufzupolieren.

Zu Beginn begeistert die Schweizer Produktion mit schönen Landschaftsbildern in Postkarten-Manier und ulkigen Kommentaren der beiden Berner Jungregisseure aus dem Off. Wenn sie beispielsweise auf ein Postauto für ihre Bilder hoffen, das dem Image der Schweiz gerecht werden soll. Auch die ersten Interviews lassen auf eine analytische Darstellung politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Probleme und der Schweizer «Unzulänglichkeiten» hoffen.

Dazu kommt es dann aber leider nicht. Zum dominierenden Thema entwickelt sich der Fremdenhass. Fundierte Kritik an der Steuerpraxis der Schweiz, an den fragwürdigen Geschäften der Rohstoffhändler wie dem Zuger Konzern Glencore oder der Grossbank UBS bleibt komplett im Hintergrund. «Wenn man nach dem Image der Schweiz fragt, ist die Chance gross, dass man eine fremdenfeindliche Antwort erhält», erklärten Andreas Pfiffner, Simon Baumann und der Produzent Roman Tschäppeler an der anschliessenden Pressekonferenz fast etwas erstaunt. Dass Xenophobie derart viel Platz eingenommen habe, sei nicht von Beginn weg ihre Absicht gewesen.

Wenn die Interviewten sich über die Probleme mit Ausländern ausliessen, blieb dann auch so manchem Zuschauer wegen teils haarsträubender Aussagen das Lachen weg. Die meist älteren Darsteller waren es denn auch, welche in Locarno die grösste Kontroverse auslösten. Sie schienen nicht gewusst zu haben, worauf sie sich einliessen, sie würden der Lächerlichkeit preisgegeben und gar «verarscht», warfen einige Journalisten und Filmemacher der Crew auf dem Podium vor.

«Es ist sehr unterschiedlich, was man verträgt. Wir kamen uns manchmal selbst schlecht vor, wie wir mit den Leuten umgingen und liessen deshalb viele Szenen weg», verteidigten sich Baumann und Pfiffner. Ziel sei es nie gewesen, dass man über die Leute lache, sondern über die Schweiz, gaben sie an, was an der Pressekonferenz aber nicht gut aufgenommen wurde. Denn es entkräftet die Kritik nur halbwegs. Einige Darsteller haben ihren Auftritt im Film «Image Problem» noch nicht gesehen, wie Pfiffner selber sagte. Etwas lakonisch gaben die beiden Jungspunde schnell noch an, den Protagonisten die DVD noch zukommen zu lassen. Der Hammer war aber, dass sie von mehreren Statisten keine Kontaktadresse mehr hätten, wie sie selber sagten.

Im Dokumentarfilm wurden einige Darsteller aufgefordert, ein «Entschuldigungsschreiben» vorzulesen, in dem sie sich für das schäbige Verhalten der Schweizer Grossbanken generell, aber auch für die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg entschuldigen sollten. «Da wurde Schindluderei mit der Entschuldigung betrieben», enervierte sich der pensionierte Publizist Peter Studer. «Viele Punkte, die aufgeworfen wurden, waren echt daneben», schnaubte der Mann mit Jahrgang 1935. Bei Kriegsende sei er nämlich acht Jahre alt gewesen und er wisse nicht, wofür er sich entschuldigen solle.

Die beiden Regisseure hingegen wollten das «Entschuldigungsschreiben» als Stilmittel einer kollektiven Entschuldigung einsetzen, wie sie erklärten, «als erster symbolischer Schritt auf das Ausland zu».

Mit dem Resultat ihrer dreijährigen Arbeit sind die jungen Regisseure dennoch zufrieden. «Wir würden es wieder so machen. Wir wollten Aufmerksamkeit - und die kriegen wir jetzt», frohlockten sie. Produzent Roman Tschäppeler fügte an, dass bei vorangegangenen Visionierungen beim Publikum ein ganz anderer Eindruck entstanden sei. Nämlich, dass die Kritik am Film nicht so hart ausgefallen sei. Trotzdem wollte er - im Gegensatz zu den Regisseuren - vor dem Publikum der Pressekonferenz nicht über die Zustimmung zum Film abstimmen lassen.