Der zweite Teil des Chapter-Abends im Zürcher Restaurant Metropol entwickelte sich zu einer entspannten Debattierrunde. Talkmaster Kaspar Loeb begann denn auch fulminant mit den Worten: die NZZ sei ein «Leuchtturm» des Qualitätsjournalismus; dem mochte auch NZZ-CEO Albert P. Stäheli nicht widersprechen. Er setzte gar den Superlativ noch höher: «Die NZZ ist ein Sonderfall und keine Dividendengesellschaft.»
Zum Deal zwischen Tamedia und der NZZ um die Landblätter wollte Loeb noch nicht klein beigeben. Er habe auf dem Foto nach den Verhandlungen der beiden Medienhäuser gesehen, dass die Tamedia-Leute lachten und die NZZ-Chefs eher bittere Mienen aufgesetzt hätten. Das liess Stäheli wiederum nicht gelten und man spürte eine leichte Verbitterung heraus. Für die «Zürichsee-Zeitung» habe es ein Vorkaufsrecht für die NZZ gegeben; doch man habe ja schon vor Jahren gemerkt, dass die Familie Gut die Zeitung verkaufen wolle.
An Martin Kall wiederum war es den Vorwurf eines Medienmonopols von Tamedia in der Zürcher Landschaft zu entkräften. Man könne nichts bestimmen - weder im Anzeigengeschäft die Preise noch sonst wo. Angesprochen auf den Verkauf der «Basler Zeitung» hörte man eine leichte Verstimmung bei Albert P. Stäheli. Es lag halt ein höheres Angebot vor. Es sei auch weiter nicht schlimm, dass man in dieser Region nicht vertreten sei, meinte der NZZ-CEO weiter.
Gesprächsführer Loeb wollte dann von Ralph Büchi, dem Präsidenten von Axel Springer International, wissen, ob eine Heirat von Ringier und Axel Springer nicht das richtige wäre. «Michael Ringier hat bereits vor Jahren erklärt, er wolle als Familienunternehmen unabhängig bleiben.» Und das habe man respektiert, so Büchi. Es brauche für eine Hochzeit zwei, so Büchi. Und in unserem Kulturkreis könne man niemanden zu einer Heirat zwingen.
Dann kam noch eine kleine Streiterei um die Gratiszeitungen auf. Von Axel Springer-Chef Döpfner weiss man, dass er diese Publikationen nicht besonders schätzt. In diese Richtung argumentierte auch Büchi in dem er meinte, «für das Kerngeschäft, den Journalismus, muss eigentlich bezahlt werden».
Dagegen lobte Martin Kall die Pendlerzeitung «20 Minuten» als die «stärkste Medienmarke der Schweiz». Dies liess Stäheli wiederum so nicht stehen. Die NZZ sei auch eine starke Marke, im Ausland bekannt, und man müsse eben berücksichtigen, dass es verschiedene Kriterien gebe, um zu einem solchen Schluss zu kommen.
Zum Thema Digitalisierung und der Entwicklung der Online-Aktivitäten gaben sich alle drei modern und aufgeschlossen. Jedoch wollten nicht alle in den Lobgesang um das iPad einstimmen, wie dies Mathias Döpfner in einer US-Talkshow vorgetragen hat: «Die Verleger sollten beten und danken, dass Steve Jobs das iPad entwickelt hat.» Nach dem Stäheli, Büchi und Co. alle dem Printbereich noch eine längere Zukunft prophezeiten, setzte Loeb als Spielverderber den Schlusspunkt: In seiner Agentur würden die 20 bis 30 Jahre alten Mitarbeitenden nie eine abonnierte Tageszeitung lesen. Dem widersprach Martin Kall, das sei nur seine Erfahrung, statistisch stimme das nicht. Es seien immer noch etwa 50 Prozent der jüngeren Generation, welche bezahlte Zeitungen kaufen und lesen.
Dienstag
08.06.2010



