Die Idee ist einzigartig: In mehreren tschechischen Städten werden derzeit Zeitungen in eigens dazu eingerichteten Kaffeehäusern produziert. Bis zum Sommer sollen es 150 Newsroom-Cafés mit angeschlossener Lokalzeitung werden.
Am Dienstag, dem dritten Tag des European Newspaper Congress, stellte Matej Husek, Projektentwickler der innovativen schwedischen Wochenzeitung «Nae Adresa», sein eigenwilliges Konzept vor. «Wir beziehen Rentner in die Entwicklung unserer Zeitung mit ein, weil sie alles wissen, was lokal geschieht», verriet Husek eines seiner Erfolgsgeheimnisse. Seine Zeitung würde nämlich ausschliesslich lokal berichten. So findet man in «Nae Adresa» zum Beispiel zuverlässig und schnell alle Resultate der lokalen Fussballspiele mit entsprechender Berichterstattung. Bünde über Regionales und Auslandthemen sucht man in dieser Zeitung jedoch vergebens.
Auf der Titelseite sind jeweils Bürgerinnen und Bürger abgebildet, die in kurzen Quotes sagen, was sie stört in der Stadt oder was ihnen aufgefallen ist. «Nae Adresa» berichtet viel über Feuerwehrleute, lokale Ämter, Politiker und Schulen. Dies alles streng nach dem Grundsatz online first. Auf der Website arbeitet die tschechische Zeitung mit Infografiken, 3D-Darstellungen und Flash-Animationen.
Die Newsroom-Cafés befinden sich jeweils am Hauptplatz oder in der Einkaufsstrasse und stehen für ihre Gäste von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends offen. In einem Newsroom-Café arbeiten neben den Service-Kräften fünf bis sieben Redaktoren und ein Chefredaktor. So können alle Frauen und Männer von der Strasse, die ein neues Projekt vorstellen oder über Dinge berichten wollen, im Newsroom-Café neben dem gastronomischen Angebot den Aufenthalt auch für ein Gespräch mit den Redaktoren nutzen. «Zudem bietet sich mit dem Verkauf an der Café-Bar ein willkommenes Nebeneinkommen für die Zeitung», so Matej Husek.
Für die Journalisten entsteht dabei eine völlig neue Rolle. Sie werden zu Community-Managern. Ein Drittel der jeweils am Montag erscheinenden Wochenzeitung wird auf diese Weise gemeinsam mit den Lesern gestaltet. Daneben bietet die Zeitung praktische Informationen und Service - aber auch Investigatives. Gesteuert wird das Projekt vom Futuroom in der Prager Zentrale von PPF Media. Von hier aus werden die Redaktionen vor Ort grafisch und technisch unterstützt. Der Futuroom dient aber auch zur Weiterbildung. Die Journalisten aus den Lokalredaktionen kommen rund einmal pro Monat, um in der Zentrale Workshops zu absolvieren, denn das erklärte Ziel von Projektentwickler Matej Husek ist es, Qualitätsjournalismus auf lokaler Ebene zu machen.
Dienstag
27.04.2010



