«In unserer Gesellschaft war und ist unerschrockenes, beherztes Eingreifen gegen Unrecht immer wieder nötig. Das kann auch in Zukunft nicht einzig und alleine Aufgabe der Ordnungshüter sein; das ist auch ein Teil der Aufgabe von uns allen, einzeln und gemeinsam.» Das sagte Nationalratspräsidentin Pascale Bruderer-Wyss in ihrer Rede am Freitagabend bei der Übergabe des Prix Courage an mutige Zeitgenossen.
An der Gala in der Schiffswerft Zürich Wollishofen wurden die Preisträger Marc Hofmann, Margrit Zopfi und Esther Wyler mit dem Prix Courage 2010 der Zeitschrift «Beobachter» ausgezeichnet.
Der Gewinner des Jurypreises ist der Basler Marc Hofmann (24), der für seine ausserordentliche Zivilcourage geehrt wurde. Hofmann - er ist Autist - hatte im November ein Paar vor einer Schlägerbande gerettet und wurde dabei selber spitalreif geprügelt. Als er auf seinem Nachhauseweg frühmorgens bemerkte, wie mehrere junge Männer auf ein Pärchen eindroschen, stellte er sich kurz entschlossen dazwischen - verbal eingreifen konnte er nicht, als Autist ist sein Sprachvermögen eingeschränkt. Die Schläger ergriffen die Flucht. Einige Minuten später aber griffen sie Hofmann wieder auf und fielen über ihn her, brachen ihm mit Schlägen und Tritten ins Gesicht Nase und Kiefer. Neun Tage verbrachte er im Spital. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt hat gegen die drei Haupttäter Anklage wegen mehrfachen versuchten Mordes erhoben.
Jury-Präsident Franz Hohler sagte in seiner Laudatio: «Mit einer autistischen Behinderung gehört Marc Hofmann zu den Schwächeren unter den Mitmenschen, und ausgerechnet der Schwächere ist es, der denen, die noch schwächer sind, zu Hilfe kommt. Diese Geschichte einer bedingungslosen und fast aussichtslosen Tapferkeit hat die Jury des ´Prix Courage´ beeindruckt und berührt, und sie hat beschlossen, Herrn Marc Hofmann den Prix Courage des Jahres 2010 zuzusprechen.»
Unter den neun nominierten «Heldinnen und Helden des Alltags» des Prix Courage 2010 ging der Publikumspreis an Margrit Zopfi (60) und Esther Wyler (51). Die ehemaligen Angestellten des Zürcher Sozialdepartements hatten 2007 Unregelmässigkeiten in der Zürcher Sozialhilfe publik gemacht und damit schweizweit eine heftige Debatte über mangelhafte Kontrollen ausgelöst. Die beiden Whistleblowerinnen wurden im Oktober 2007 verhaftet und wegen Amtsgeheimnisverletzung angeklagt und ihrer Stellen enthoben. Das Bezirksgericht Zürich sprach sie im Herbst 2009 vom Vorwurf frei, jetzt muss das Zürcher Obergericht über den Fall entscheiden.
Andres Büchi, Chefredaktor des «Beobachters», sagte in seiner Laudatio: «Margrit Zopfi und Esther Wyler haben Mut gezeigt, den wir auch von unseren Politikern wünschen. Den Mut, Wahrheiten auszusprechen, auch wenn sie wehtun.»
Zopfi und Wyler haben den Verein «ProCourage» gegründet, eine Plattform für Menschen, die sich zum Thema Zivilcourage und Whistleblowing austauschen wollen.
Der Prix Courage des «Beobachters» wird seit 1997 verliehen. Der Jurypreis ist mit 25 Franken dotiert, der Publikumspreis mit 10 000 Franken.
Samstag
11.09.2010




