Unter dem Titel «Retter in Bedrängnis» beschäftigte sich die «Handelszeitung» Anfang Mai mit der wirtschaftlichen Situation der Rettungsflugwacht (Rega): Diese hätte die Nutzungsdauer für ihre Flotte erhöht und damit ihre Erfolgsrechnung «verschönert», schrieb Autor Jean François Tanda, ohne die Rega vorab mit dem Vorwurf zu konfrontieren.
Hat die «Handelszeitung» dadurch die Ziffer 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten», die Pflicht zur Anhörung bei schweren Vorwürfen, verletzt? Nein, meint der Schweizer Presserat und hat eine entsprechende Beschwerde der Rega gegen die Zeitung von Axel Springer Schweiz abgewiesen.
Zur Debatte stand die Frage, ob es sich beim Vorwurf, die Erfolgsrechnung «verschönert» zu haben, um einen schweren Vorwurf handelt oder nicht. «Zunächst erscheint fraglich», heisst es in der am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme, «ob die Aussage von der Leserschaft überhaupt als Faktenbehauptung wahrgenommen wird oder ob sie im Kontext des Artikels nicht im Gegenteil als kommentierende Wertung des Autors erkennbar ist.» Solche Wertungen entziehen sich der Anhörungspflicht.
«Und selbst wenn der Presserat die beanstandete Äusserung als sogenannt gemischtes Werturteil qualifizieren würde, wäre die Relevanzschwelle nicht erreicht, um eine Verletzung der `Erklärung` festzustellen», so das Gremium. Denn eine «Verschönerung» sei als solche nicht unzulässig und klar von einer illegalen Manipulation der Buchhaltung zu unterscheiden.



