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Donnerstag
26.02.2015

Medien / Publizistik

«Charlie Hebdo» hat ein Interview mit dem griechischen Finanzminister Janis Varoufakis veröffentlicht - ein eher ungewöhnlicher Inhalt für ein Satireblatt. Varoufakis durfte sich zwischen bissigen Karikaturen über den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble aufregen und das mit einer Auflage von 2,5 Millionen Exemplaren.

«Wenn ihr denkt, ihr tut gut daran, progressive Regierungen wie unsere zur Strecke zu bringen, dann macht euch auf das Schlimmste gefasst», warnte er im Interview mit der französischen Satirezeitung.

Varoufakis setzte sich in den vergangenen Wochen gegenüber der EU für eine Verlängerung der Finanzhilfe und weniger drastische Sparauflagen ein. Zwar wird die Hilfe fortgesetzt, doch beliebt Athen an das von der Vorgängerregierung zugesagte Sparprogramm gebunden.

Nun nutzte Finanzminister Varoufakis die Plattform «Charlie Hebdo», auf die zur Zeit die Augen der Weltöffentlichkeit gerichtet sind, um sich über diese Sparprogramme auszulassen. «Charlie Hebdo» ist sonst eher für ihre politische Satire als für Interviews bekannt.

Seiner Regierung werde damit die Luft abgeschnürt, beschwerte sich Varoufakis: «Davon profitieren nur die Fanatiker, die Rassisten, die Nationalisten und all diejenigen, die von Angst und Hass leben», sagte er dazu. Gegenüber «Charlie Hebdo» von Fanatikern zu reden, ist eine interessante Wortwahl. Waren es doch islamistische Fanatiker, die im Januar ein Attentat auf die Pariser Redaktion des Satireblattes verübt und zwölf Menschen getötet hatten.

Varoufakis griff noch weiter in die Kiste der Metaphorik und verglich die Sparmassnahmen mit der Medizin des Mittelalters: «Damals wurden Aderlasse verschrieben, welche die Kranken oft noch kranker machten, worauf sie erneut zur Ader gelassen wurden.»

Die «Charlie Hebdo»-Journalisten wollten von dem griechischen Finanzminister wissen, ob seine Regierung die orthodoxe Kirche und die Reeder stärker besteuern wolle. Varoufakis findet das wenig sinnvoll, der enorme Reichtum der Kirche bringe keinen allzu hohen Ertrag, der versteuert werden könne, und die Reeder seien mobil und könnten das Land verlassen, wenn sie stärker besteuert werden würden.

Das Satiremagazin «Charlie Hebdo» ist sieben Wochen nach dem Anschlag auf die Redaktion wieder in den regulären Verkauf gegangen. Die Auflage von 2,5 Millionen liegt ein Vielfaches über der vor den Anschlägen üblichen 60 000.

Auf dem Titelbild der neusten Auflage vom Mittwoch ist ein Hund mit einem «Charlie Hebdo»-Magazin in der Schnauze zu sehen, der von einer aufgebrachten Meute gejagt wird. Darunter ein Dschihadist, der Papst, Nicolas Sarkozy und Marine Le Pen - die typischen Satireziele des Magazins.