Unglaublich, aber wahr: Götz George ist nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 77 Jahren gestorben. Seine Agentin teilte mit, dass der deutsche Schauspieler bereits am 19. Juni gestorben sei und sich eine Verabschiedung im engsten Familienkreis gewünscht habe.
Typisch Götz George, denkt man da spontan. Für das Boulevardblatt «Bild» ist mit George «einer unserer grössten deutschen Schauspieler gestorben». Und für einmal muss man der «Bild» Recht geben.
Andere Medien titeln «Schimanski ist tot». Fast so wie bei Pierre Brice, als die Zeitungen schrieben «Winnetou ist tot». Doch während für Brice «Winnetou» tatsächlich die einzige grosse Rolle war, wäre es falsch, Götz George auf «Schimanski» zu reduzieren.
Er hat die Rolle des unkonventionellen, fluchenden, unmöglichen Ermittlers aus Duisburg äusserst erfolgreich gespielt. In 32 Jahren über 48 Mal. Doch Götz George ist, oder besser gesagt: War viel mehr als nur «Schimanski».
Götz George hatte mit Berta Drews und Heinrich George zwei Ikonen des deutschen Films als Eltern. Während andere Kinder einer solch schweren Hypothek aus dem Weg gehen, entschied sich Götz George sehr bewusst für die Schauspielerei und liess sich auch von den wenig schmeichelhaften Bemerkungen seines Vaters «Ein Genie in der Familie reicht» nicht entmutigen. Zum Glück.
George ging seinen eigenen Weg, und die Liste seiner Arbeiten ist beeindruckend: Sie begann bereits in den 50er-Jahren, als er an der Seite der ebenfalls blutjungen Romy Schneider in «Wenn der weisse Flieder wieder blüht» erstmals vor der Kamera stand. Danach folgten Filme wie «Ihr schönster Tag» mit Inge Meysel. In den 70er- und 80er-Jahren sah man George auch in «Der Kommissar», in «Derrick» und in «Der Alte». Schon damals hob er sich vom Rest der Zunft ab.
Eine seiner berühmtesten Kinorollen hatte der gebürtige Berliner als homosexueller Massenmörder Fritz Haarmann in «Der Totmacher» von 1995. Später spielte er im TV-Drama «George» seinen eigenen Vater Heinrich, der wegen seiner Schauspielerkarriere in der Nazi-Zeit umstritten war. Er spielte den KZ-Arzt Josef Mengele in «Nichts als die Wahrheit» und einen an Alzheimer erkrankten Busfahrer in «Mein Vater», einen Taschendieb in «Das Trio» und einen blinden Klavierlehrer in «Der Novembermann», einen Öko-Aktivisten in «Lüg weiter, Liebling» und einen todgeweihten Staatsanwalt in «Nacht ohne Morgen» oder einen Schlepper mit menschlichen Zügen in einer Episode von «Nachtschicht». Alles grosse Rollen.
Götz George war ein vielfältiger Schauspieler und ein Mensch mit vielen Facetten. Vom Publikum wurde er geliebt. Die Medien hingegen hatten es nicht einfach mit dem eigenwilligen Mimen. Er blieb sich immer treu und flüchtete nach Sardinien, als der Rummel um ihn und sein Privatleben zu gross wurde.
George hat viele bemerkenswerte Rollen gespielt. Dem Klein Report gefiel er in «Schtonk» mit am besten. Helmut Dietls Komödie persifliert eine der grössten Zeitungsenten der Nachkriegszeit: die Veröffentlichung der gefälschten Hitlertagebücher im «Stern» von 1983.
In «Schtonk» brillierte er als schmieriger, selbstverliebter und geldgeiler Journalist Hermann Willié, dem seine blinde Liebe zur braunen Vergangenheit Deutschlands alle Sinne vernebelte. George spielte die Hauptrolle in Dietls Film, der zu recht auch für den Ausland-«Oscar» nominiert war, mit einer Eleganz und mit viel Humor. Andere Grössen des Genres standen ihm dabei hilfreich zur Seite, so wie Christiane Hörbiger, Ulrich Mühe, Rolf Hoppe oder Dagmar Manzel, um nur einige zu nennen. Und dann war da natürlich auch noch Harald Juhnke, der Williés Freund und Ressortleiter Kummer so hinreissend authentisch spielte.
Wir müssen uns an dieser Stelle unbedingt bei dem ebenfalls bereits verstorbenen Fälscher Konrad Kujau bedanken. Ohne seine Kladden hätte der «Stern» nicht sein grösstes Inferno erlebt und wir hätten Götz George nie in diesem Film gesehen.