Bei der «Maurmer Post», herausgegeben von der Zürcher Gemeinde Maur, lernen der Gemeinderat und eine speziell eingesetzte Redaktionskommission gerade den Verlegerberuf kennen.
Gebrodelt hat es beim kleinen Weltblatt schon länger. Nach der Publikation des Artikels «Tod im Sponstürli» vom 8. März 2024 eskaliert es nun. Die Oberzeile zum Todesfall eines 71-jährigen Mannes Ende Februar lautete: «Wie es aus einer Verkettung von unglücklichen Umständen zu einer Tragödie kam».
Im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt hat die Polizei einen Mann verhaftet, gemäss der «Maurmer Post» den Neffen des Opfers. Seit der Nachricht am 24. Feburar ist die Gemeinde Maur in heller Aufregung und mit ihr die Gemeindeverwaltung und die Kommission um Harry Bruppacher, Sascha Heiniger, Marlise Schneider, Herbie Schmidt und Karin Scacchi. Diese haben die Druckerei angewiesen, in der Ausgabe vom 15. März das Editorial von Chefredaktor Thomas Renggli nicht zu drucken, da von ihnen nicht akzeptiert. Auch wurde eine kurze «Stellungnahme» der Redaktion nicht akzeptiert.
In der Ausgabe vom 8. März hatte die «Maurmer Post» mit der Schwester des Opfers gesprochen und einen Artikel um das Grundstück Sponstürli verfasst, das vor nicht allzu langer Zeit Gegenstand einer Erbteilung war. Im Artikel klangen Vorwürfe an die Gemeindeverwaltung und deren Bauamt an.
Von da an brannte die Hütte vollends und Chefredaktor Thomas Renggli sass zwischen Stuhl und Bank. Zurzeit ist er gemäss Recherchen des Klein Reports bis Anfang April krankgeschrieben. Renggli leitet seit Mai letzten Jahres die Redaktion.
In der Ausgabe vom 15. März folgte eine Gegendarstellung, gezeichnet «Gemeinderat und die Mitarbeitenden der Abteilung Hochbau und Planung». Der Journalist habe eine Beteiligte zitiert, die schwere Vorwürfe gegen die Abteilung Hochbau und Planung der Gemeindeverwaltung Maur erhebt und ihr eine Mitschuld an den Ereignissen unterstellt. Dann wird aus dem Artikel «Tod im Sponstürli» zitiert: «Die Mitarbeiter auf dem Amt hätten jedenfalls mit ihrem willfährigen Vorgehen den Eigentumswahn des Täters befeuert und die Eskalation der Ereignisse so indirekt provoziert, indem ihm vorerst mündlich die Auskunft erteilt wurde, dass der Baustopp erfolge.»
Die Mitarbeitenden der Abteilung Hochbau und Planung hätten erst aus der gedruckten Zeitung von den Vorwürfen erfahren. Es sei ihnen durch die Redaktion keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden, «was eine Verletzung der redaktionellen Richtlinien darstellt», so die Gemeindeverwaltung.
Ein Leserbrief im «Zürcher Oberländer» vom 20. März bringt nun weiteres Aufsehen. Eigentlich hätten Verena Keller aus Ebmatingen und Roswitha Gassmann aus Binz ihre Zeilen gerne «in unserer Gemeindezeitung» publiziert.
Das sei aber nicht gegangen, seit dort die «Maurmer Post»-Kommission «die redaktionelle Hoheit und die Alleinherrschaft übernommen hat», wie sie schreiben. «In unserem schönen Dorf regiert ein Klima der Zensur und des Meinungsdiktats.» Kritische Leserbriefe würden abgewiesen und Artikel so geändert, dass sie der Haltung der Kommission entsprächen und nicht der Redaktion.
Unter anderem heisst es im Leserbrief «Missstände um die ‚Maurmer Post‘» weiter, dass an der Gemeindeversammlung vom 12. Juni 2023 das Stimmvolk die Privatisierung der Dorfzeitung deutlich abgelehnt und für die redaktionelle Unabhängigkeit votiert habe.
Die Printausgabe der «Maurmer Post» erscheint jeweils am Freitag. Der amtliche Anzeiger wird in den Dörfern Aesch/Forch, Binz, Ebmatingen, Maur und Uessikon in sämtliche Briefkästen verteilt, gemäss der Webseite sind es 5’000 Exemplare.
Ob sich die Gemeinde Maur mit der Gewaltenteilung anfreunden kann, wird sich am nächsten Freitag weisen.