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Mittwoch
04.09.2002

«Eine Fernsehsendung macht noch keinen normal sozialisierten Menschen zum Mörder.» Zu dieser Erkenntnis ist ein Professor für Empirische Kommunikations- und Medienforschung an der Leipziger Universität gekommen. Werner Früh hat das «Grausamkeitsempfinden» von 1 000 Menschen untersucht: Vielmehr als die Medien würden die Erziehung und das gesellschaftliche Umfeld die Menschen prägen. Für seine Studie mussten die Befragten 1 500 verschiedene Gewaltszenen nach den Kriterien Angsterregung, Mitgefühl, Faszination, Grausamkeit und intellektuellem Nutzen bewerten. Aus den 30 000 Wahrnehmungsurteilen entwickelte Früh seine Veröffentlichung. «Verschiedene Personen nehmen in denselben Gewaltszenen unterschiedlich viel Grausamkeit wahr», sagte Früh. Dabei spiele das Bildungsniveau praktisch keine Rolle. Frauen und ältere Menschen reagierten aber sensibler auf Grausamkeiten als Männer und jüngere Menschen. Bei Gewalt gehe es meist um starke Formen wie Töten, Schlagen oder Beleidigen. Der Gewaltbegriff müsse am Täter und seinem Ziel, andere zu schädigen, festgemacht werden, sagte Früh. Im Alltag bedeute das auch, sich auf Kosten anderer Vorteile zu verschaffen oder andere zu benachteiligen: vom Mobbing bis zum Drängeln an der Bushaltestelle.