Mit Claudia Neumann hat erstmals eine Frau ein Spiel bei einer EM der Herren kommentiert. Mit dem 2:1 zwischen Wales und der Slowakei schreibt das ZDF also deutsche TV-Geschichte.
Das Wichtigste für einige besorgte Herren vorneweg: Auch nach 90 Minuten weiblichen Kommentars hat sich der Fussball in seinen Grundfesten nicht verändert. Auch der Klein Report hat sich das Spiel angeschaut und kommt zum Schluss, dass mit Claudia Neumann eine erfahrene Kommentatorin endlich ihre Chance bei den Herren bekommen hat. Gut so.
Die hingebungsvolle Darbietung der Wales-Fans während der Landeshymne kommentiert sie durchaus passend mit den Worten: «Mannomann, das kribbelt bis unters Tribünendach.» Dann wird es sportlich. Und nach wenigen Minuten ist zu hören, was den einen oder anderen Fussballfan stören dürfte.
Schon bei der ersten Grosschance der Slowaken wird es ganz schön laut. Etwas zu laut. Hier macht sich das vergleichsweise geringere Stimmvolumen vielleicht am meisten bemerkbar. Umso ruhiger bleibt Neumann beim Führungstreffer der Waliser durch Bale nach zehn Minuten. Ein guter Start in die EM sei das für Wales. Zur Übertreibung neigt die Kommentatorin schon mal nicht.
Danach fällt lange Zeit nur auf, dass nichts auffällt. Souverän begleitet Neumann die Partie. Wenn sie das Spiel taktisch analysiert, macht sie das durchaus fundiert. Was sicher nicht nur am Assistenten an ihrer Seite liegt. Immerhin spielte sie selber jahrelang Fussball und sagt heute: «Eine Frau sollte diese Erfahrung gemacht haben. Sonst ist die Glaubwürdigkeit einfach nicht da.»
Bei der strittigsten Szene der ersten Hälfte hilft ihr aber auch diese Erfahrung nicht. Einen unfairen Ellenbogeneinsatz des Slowaken Skrtel gegen den Waliser Williams im Strafraum schätzt Neumann auch nach mehrmaliger Ansicht der Wiederholung als regelkonform ein.
Doch da hat sie die Rechnung ohne ihre Kollegen im Studio gemacht. «Da haben wir es mit vier Dioptrien zu tun», richtet ZDF-Moderator Oliver Welke in der Halbzeitanalyse wegen besagter Szene einen Gruss an den norwegischen Unparteiischen und fällt damit auch seiner Kollegin in den Rücken.
So muss Neumann ihren Kommentar in der zweiten Halbzeit damit beginnen, die Fehleinschätzung einzugestehen. Aber auch dazu gehört Grösse. Bei den Toren der zweiten Halbzeit dreht Neumann dann die Stimme wieder auf. Im Eifer des Gefechts ergibt dann leider nicht jeder Satz auch einen Sinn. Auch die «letzten Minuten bis zur Schlusssirene» sind wohl eher im Eishockey gängig als im Fussball. Zuseher und Zuhörer werden es ihr verzeihen.
In den sozialen Medien loben viele User die Entscheidung des ZDF, mit Neumann endlich auch einer Frau die Chance bei einem Endrundenturnier der Männer gegeben zu haben. Auch die Art und Weise wird von vielen gelobt. Dass die Stimmen der Kritiker nicht seltener zu finden sind, liegt im Internet in der Natur der Sache.