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Freitag
19.03.2004

Der Schweizer Presserat hat die vom Zürcher Medienhaus Tamedia herausgegebene «SonntagsZeitung» gerügt, weil sie gegen das ethische Gebot der Anhörung beider Seiten vor Publikation eines Sachverhalts verstossen hat. Der Rat hiess damit die Beschwerde der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) gut, deren Begründung am Freitag veröffentlicht worden ist. Insbesondere geht es bei drei Beiträgen im Sonntagsblatt zu angeblichen Führungsmängeln des WSL-Direktors um den am 7. September 2003 erschienenen Beitrag «Harte Kritik am ETH-Rat». Dagegen hatte der WSL-Medienbeauftragte beim Presserat Beschwerde eingereicht. Trotz der erneut schweren gegen ihn erhobenen Vorwürfe sei der WSL-Direktor darin nicht zu Wort gekommen, heisst es in der Stellungnahme des Presserats.

Am 7. September berichtete die «SonntagsZeitung» über eine Aufsichtsbeschwerde, die ein Zürcher Rechtsanwalt im Auftrag eines WSL-Kaderangestellten beim Bundesrat eingereicht habe. Der Anwalt werfe darin dem ETH-Rat vor, ein «inquisitorisches Verfahren» gegen seinen Klienten zu decken. Die «SonntagsZeitung» schreibt dazu: «Die Aufsichtsbeschwerde wirft einmal mehr Fragen zu den Führungsqualitäten des Direktors auf. (…) Zwar stellte der ETH-Rat dem WSL-Direktor einen Coach zur Seite. Doch statt eines externen Betreuers setzte er einen Stiftungsratskollegen ein.» Auf seiner Homepage führe der WSL-Direktor fein säuberlich sämtliche Mitgliedschaften auf - mit Ausnahme der Stiftung, in welcher er mit dem genannten Coach sitze.

Der Presserat kam in seinem Entscheid vom 3. März zur Feststellung, dass angesichts der von der «SonntagsZeitung» wiedergegebenen schweren Vorwürfe eines Dritten die Zeitung den WSL-Direktor auch vor der Publikation des Berichts vom 7. September 2003 hätte anhören und dessen Stellungnahme kurz wiedergeben müssen, auch wenn dieser nicht im Zentrum der Kritik stand. Ausserdem hätte die «SonntagsZeitung» ihre zumindest unscharfe Darstellung über einen angeblich unterschlagenen Interessenskonflikt des WSL-Direktors entweder mit einer separaten Richtigstellung oder in einer entsprechenden Anmerkung zum Leserbrief der Beschwerdeführerin präsizieren müssen.