Die Fussballeuphorie wird zurzeit sowohl in den Redaktionen der grossen nationalen Tageszeitungen, als auch bei den kleinen regionalen Medien aufrechterhalten. Umso erstaunlicher, dass gerade das Fussballportal kurzpass.ch die Weltmeisterschaften in Brasilien nicht ins Zentrum rückt.
Doch das hat einen Grund, denn das Portal hat eine andere Ausrichtung. «Verschlafen haben wir die WM definitiv nicht», meinte Alban Grossenbacher, der Leiter des Fussballportals, gegenüber dem Klein Report. «Wie alle Fussballbegeisterte verfolgen wir das Spektakel in Brasilien natürlich mit.»
Der Fokus von kurzpass.ch liege aber bewusst auf dem heimischen Fussball, erklärte Grossenbacher. «Wir konzentrieren uns auf eigene Recherche, Bilder und Spielberichte. Bei einem Grossevent wie der Weltmeisterschaft ist es hingegen äusserst schwierig, mit qualitativ hochwertigen Eigenleistungen zu glänzen, gerade wenn man nicht selber vor Ort ist.»
Sie warten darauf, dass die Weltmeisterschaften vorbei sind. «Wir freuen uns daher auf den baldigen Start der Super League», so Grossenbacher. «Wir möchten Anhänger und Fans aller Schweizer Clubs mit Geschichten und Fotos versorgen, die sie in dieser Form auf den klassischen Nachrichtenportalen nicht finden.»
Einen Unterschied sieht Grossenbacher bei Themen rund um die Fanthematik, bei denen kurzpass.ch oft eine andere Haltung vertrete. «Viel zu oft werden bei den reichweitenstarken Medien lediglich Polizeiberichte oder TV-Bilder konsultiert, woraus dann schnell eine Geschichte konstruiert wird», sagte er.
Aufmerksamkeit erhielt das Portal im Mai nach einer Reaktion auf einen Artikel in der «SonntagsZeitung» über die vermeintlich zunehmende Gewalt rund um Fussballspiele. «Unsere Recherchen beim Bundesamt für Statistik ergaben darauf, dass die Zeitung die Daten in Bezug auf die Gewaltstraftaten in vielerlei Hinsicht falsch interpretiert hatte und die Straftaten in den letzten Jahren tendenziell abgenommen haben», erzählte Grossenbacher.
Das Beispiel sei kein Einzelfall. «Die Presse versucht immer wieder, auf Kosten der Fussballfans reisserische Stories zu platzieren», meinte er. «Hier wollen wir bewusst eine Gegenstimme darstellen und den grossen Medien bei ihrer Arbeit auf die Finger schauen.»
Die ursprüngliche Idee beim Start vor acht Jahren war es, eine Fussballseite zu lancieren, auf der alle News rund um den Schweizer Fussball publiziert werden sollten. «Damals musste man sich die Infos oft noch in der Zeitung oder im Teletext zusammensuchen», so Grossenbacher. «Mit dem Ausbau der grossen Onlineportale wie 20min.ch, blick.ch oder tagesanzeiger.ch wurde dieses Konzept dann hinfällig.»
Vor vier Jahren hätten sie deshalb einen neuen Weg eingeschlagen und setzen nun auf eigene Recherche, Stories und Fotos aus den Stadien.
Das Portal verfügt zwar über elf Redaktoren und sieben Fotografen, von denen einige sehr aktiv seien, andere wiederum nur gelegentlich etwas beisteuern würden. Die Redaktoren werden nach wie vor nicht entlöhnt. «Jedoch haben wir mittlerweile eine Spesenvergütung eingeführt», so Grossenbacher.
Auch Grossenbacher, der beim Start des Portals 16 Jahre alt war, lebt nicht von kurzpass.ch, sondern arbeitet hauptberuflich bei einem grossen Verlagshaus als Product Manager für Online-Werbung.
Finanziert wird kurzpass.ch denn auch ausschliesslich über Online-Werbung. «In letzter Zeit ist vor allem die Nachfrage nach sogenannten `Native Ads` gestiegen. Wir schreiben immer öfters kleine Geschichten rund um ein Video oder Themen, die uns von Kunden vorgegeben werden», erklärte Grossenbacher. «Diese Beiträge bezeichnen wir klar als `Sponsored Posts`.»
Für die Vermarktung sieht Grossenbacher bei der Reichweite und der Zielgruppe noch Mängel. «Deshalb sind wir trotz der steten Weiterentwicklung der Seite finanziell nie einen grossen Schritt vorwärts gekommen», erzählte er. «Ich glaube aber nach wie vor an das Potenzial einer guten Schweizer Fussballseite.»
Aktuell fehle es ihm und Daniel Ammann, der als Redaktionsleiter fungiert, an Zeit, um die Professionalisierung des Projekts weiter voranzutreiben. «Zurzeit konzentrieren wir uns darauf, die Webseite auf diesem Niveau weiterzuführen», sagte er.
«Kurzpass.ch soll weiterhin eine Plattform für sportbegeisterte Leute sein, die damit ihren Einstieg in den Sportjournalismus verwirklichen oder einfach über die schönste Nebensache der Welt berichten möchten», so Grossenbacher. «Und wer weiss, vielleicht schaffen wir es dann doch einmal, mit dem nötigen Kleingeld und der dafür notwendigen Zeit, das Projekt zu einer profitablen, national bekannten Fussballseite auszubauen.»