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Freitag
16.04.2010

Der Aufmarsch war riesig an der Jahresmedienkonferenz des Zürcher Verlagshauses Tamedia am Donnerstagmorgen. Über 40 Medienschaffende und Verlagsmitarbeitende waren gekommen, um den Herren in Anzug und Krawatte zu lauschen. Als ginge es um geopolitische Kriegsstrategien, gaben die meist angegrauten Mannen im Zürcher Zunfthaus zur Schneidern ihre Geleitworte zu ihrem jüngsten Medien-Coup zum besten: «Aus ökonomischer Perspektive ist die Zusammenführung der Medienräume St. Gallen und Thurgau höchst attraktiv, da wir damit eine hervorragende Gesamtabdeckung in der Ostschweiz erzielen», schwärmte Albert P. Stäheli, CEO der Neuen Zürcher Zeitung.

Auch Theodor Gut, der die Schlacht mit einem prallvollen Geldsäckel verlassen dürfte, kann sich freuen. Allerdings schwieg er sich über die Höhe der Geldsumme, die seiner Familie durch den Deal zufliessen, geflissentlich aus. Immerhin strahlte der 62-Jährige aber bis über beide Ohren, als er in der Rolle des grossen Strategen die Zielvorgaben der Zeitungsrochade vortrug. Erstens soll die «Zürichsee Zeitung» weiterhin «eigenständig aus der Region für die Region» berichten. Zweitens soll durch den Verkauf an Tamedia seine Nachfolge geregelt werden. Und drittens war ein fairer Preis ebenfalls eine Bedingung, «wie sie in Anbetracht der hundertjährigen Verleger-Familientradition sicherlich verstehen können». Theodor Gut will jedoch, dass die «Zürichsee Zeitung» ein eigenständiger Titel bleibt. Da er selber Verleger des Blattes bleibe, sei dies bis auf Weiteres auch gesichert.

Gar einen Dienst an der direkten Demokratie schrieb sich Pietro Supino, Verwaltungsratspräsident der Tamedia AG, in seiner Rede an der Pressekonferenz zu: «Der heutige Tag erfüllt mich mit Zuversicht, denn wir leisten heute nicht nur einen wichtigen Beitrag für den Erhalt der Medien, sondern auch einen Beitrag für die Schweizer Demokratie.» Auch der Verwaltungsratspräsident der NZZ, Conrad Meyer, freute sich am Donnerstagmorgen sehr, dass durch diesen Güterabtausch der Medienraum der Ostschweiz und St.Gallen gestärkt werden könne. «Gleichzeitig bleiben wir im Wettbewerb mit Tamedia», sagte Meyer.

Der Vorsitzende der Tamedia-Unternehmensleitung, Martin Kall, versuchte schliesslich mit seiner detaillierten Zahlenakrobatik wohl vor allem von den Zahlen des Zeitungsdeals abzulenken. In seinen Ausführungen zur Entwicklung der Leserzahlen und Werbeumsätze der Schweizer Medienlandschaft liebäugelte er bereits mit seinen potentiell nächsten Opfern, pardon Partnern. «Der Winterthurer `Landbote` und die `Schaffhauser Nachrichten` sind mögliche Partner für einen künftigen Zeitungsverbund.»

Dem Medienmanager schwebt mit der neuen Abdeckung in der Zürcher Zeitungslandschaft ausserdem das Berner Modell vor: Zwei starke Pole aus dem eigenen Verlagshaus, die sich auf dem freien Markt konkurrenzieren, sich aber gleichzeitig weitere Mitstreiter vom Hals halten.

Mehr zum Zeitungstausch: Grosser Regionalzeitungs-Schacher: Tamedia kauft Zürcher Landzeitungen von NZZ und verkauft «Thurgauer Zeitung» und: Werbeumfeld bleibt schwierig sowie Hartmeier ist ab sofort Landmark unterstellt.