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Mittwoch
03.08.2011

Seit sie bei den Kult-Satirikern Giacobbo/Müller im Schweizer Fernsehen auftritt, hat sich ihr Bekanntheitsgrad grandios gesteigert: Frölein Da Capo, die gutbürgerlich Irene Brügger heisst, ist seit einigen Jahren als Einfrauorchester unterwegs. Ihre eigenwillig reizvollen Instrumental- und Gesangsdarbietungen haben ihr 2007 einen Kleinen Prix Walo eingebracht. Nun hat sie ihre erste Filmrolle, und zwar gleich eine Hauptrolle, in der märchenhaft-ironischen Liebeskomödie «Der Sandmann» von Peter Luisi nicht nur gespielt, sondern regelrecht gemeistert. Der Film feiert nach den Solothurner Filmtagen und dem Max Ophüls Filmpreis in Locarno eine weitere Festivalpremiere (5. und 6. August 2011).

Klein-Report-Filmexperte Rolf Breiner hat die Künstlerin in Willisau hoch droben auf dem Vorberg (circa 730 m ü.M.) aufgesucht. Hier wohnt sie mit ihrem Mann, zwei Kindern, einem Hund und einem halben Dutzend Katzen.

Klein Report: Frölein Da Capo, ich bin nicht der Erste und werde kaum der Letzte sein, der Sie nach der Bedeutung Ihres Namens fragt.
Irene Brügger (alias Frölein Da Capo): «Der Künstlername kommt vom Loopgerät. Es macht genau das, was mein Soloprogramm ausmacht. Es wiederholt Musikschlaufen. Ich arbeite mit dem Gerät auf der Bühne, um mich selbst zu samplen. Nur dank des Loopgeräts kann ich als Einfrauorchester funktionieren, Instrumente spielen und gleichzeitig singen. Loop bedeutet Wiederholung, und in der Musiksprache bezeichnet Da Capo genau diesen Vorgang. `Da Capo` heisst `zurück zum Anfang und nochmals das Gleiche`.»

Klein Report: Nun passt das Frölein nicht mehr ganz zu Ihnen - als zweifache Mutter. Sie müssten doch Mami Da Capo heissen.
Brügger (lachend): «Da trenne ich ganz einfach die Kunstfigur vom Privaten.»

Klein Report: Sie leben im Luzerner Hinterland - weit weg von der Medienszene. Wie sind Sie zur TV-Sendung «Giacobbo/Müller» gekommen?
Brügger: «Ich hatte mal einen kleinen Gig im Casinotheater Winterthur beim Poetry Slam. Viktor Giacobbo war auch unter den Zuschauern, hat sich gemeldet und um ein Kärtli gebeten. Und dann hats geklappt.»

Klein Report: Sie sind quasi die dritte Kraft in dieser Sendung. Was dürfen Sie als Frölein Da Capo - und was dürfen Sie nicht?
Irene Brügger: «Grundsätzlich mache ich das, was das Frölein auch auf der Bühne macht - nur in extrem verkürzter Form.»

Klein Report: Sie schöpfen also aus Ihrem Repertoire?
Brügger: «Genau. Ich biete eine ausserprogrammliche musikalische Einlage. Die Songs müssen nicht zu irgendetwas passen - sie können, müssen aber nicht.»

Klein Report: Sie könnten doch auch spontan reagieren und Kommentare abgeben.
Brügger: «Könnte ich schon, aber in der Regel gibt es neben den beiden wortgewaltigen Männern nicht so viel zu sagen. Ehrlich gesagt, das ist auch nicht so mein Business.»

Klein Report: Wie ist denn das Verhältnis zu den beiden Satirikern?
Brügger: «Die beiden sind sehr nette Arbeitsgspändli.» (Grinst)

Klein Report: Die beliebte Satiresendung am Sonntagabend ist in eine sehr lange Sommerpause gegangen, die bis in den Oktober hinein dauert. Wissen Sie warum?
Brügger: «Gute Frage, aber ich weiss nicht, was der genaue Grund dafür ist. Mir kommt es gelegen...»

Klein Report: Ihre Fernsehauftritte haben Ihren Bekanntheitsgrad enorm erhöht. Hat Sie das gestört, hat es auf Ihr Leben Einfluss genommen?
Brügger: «Wenn, dann positiv. Gestört hat mich das bisher nicht.»

Klein Report: Nun kommt Ende August «Der Sandmann» in die Kinos, zuvor ist die Liebeskomödie am Filmfestiva Locarno zu sehen. Wie kamen Sie zum «Sandmann»?
Brügger: «Eigentlich durch den Nachwuchswettbewerb Kleiner Prix Walo 2007. Peter Luisi hatte mich gesehen und mir ein halbes Jahr danach ein Mail geschrieben: Er möchte mich für die Hauptrolle. Ich war sehr, sehr erstaunt, weil ich vorher noch nie mit dem Film zu tun hatte. Ich habe ihm geantwortet: Das käme für mich nicht infrage, das wäre eine Nummer zu gross für mich. Er war jedoch sehr hartnäckig. Beim Lesen des Drehbuchs dachte ich: Das ist eine coole Geschichte, und so hat er mich doch rumgekriegt. Die Neugier war letztlich doch grösser.»

Klein Report: War das Drehbuch auf Sie zugeschrieben?
Brügger: «Das Drehbuch gabs bereits vor meiner Zusage. Eine Musikerin in der Hauptrolle war seit jeher geplant.»

Klein Report: Sie sind in diesem Kinofilm hörbar präsent, etwa mit dem «Tango Plagööri». Haben Sie speziell Lieder für den Film geschrieben?
Brügger: «Den Tango gabs vorher schon. Peter Luisi hat quasi aus meinem Repertoire geschöpft.»

Klein Report: Wie sind Sie denn als «Sandfrau» beim Gespann Giacobbo/Müller angekommen?
Brügger: «Den beiden hat der Film sehr gefallen. Eine sehr positive Rückmeldung.»

Klein Report: Was erwarten Sie von Locarno, sind Sie persönlich dabei?
Brügger: «Nein, ich werde nicht in Locarno sein. Generell habe ich wenig Ahnung vom Schweizer Filmbusiness, ich bin eher in der Musikszene daheim.»

Klein Report: Was erwarten, erhoffen Sie sich vom «Sandmann»?
Brügger: «In Deutschland ist er angelaufen, an der Premiere in Wien war ich dabei. Er ist gut angekommen - wie schon in Saarbrücken beim Max Ophüls Festival.»

Klein Report: Dem «Sandmann» rinnt förmlich Sand aus seinem Körper, wenn er lügt. Der Film ist eine Parabel auf Lüge, auf falschen Schein. Wie ehrlich sind Sie denn?
Brügger: «Ich bin ehrlich. Bei der Kunstfigur Frölein ist das bisweilen ein bisschen anders.»