Achtung, der nachfolgende Text ist vom Klein Report als «vertraulich» taxiert worden, die Leserschaft sollte also NICHT weiterlesen oder nur händchenhaltend mit einem Rechtsanwalt. Es geht um die Affäre Blocher-Roschacher.
Markus Häfliger, Redaktor bei der «NZZ am Sonntag», hat am 22. Juni 2008 unter dem Titel: «GPK-Untersuchung: Brunner gesteht Kontakte zum Departement Blocher» wörtlich Passagen aus dem Gesuch, das der ausserordentliche Staatsanwalt des Bundes, Pierre Cornu, im Mai 2008 an den Präsidenten des Nationalrats gerichtet hatte, zitiert. Cornu ermittelte wegen Indiskretionen im Zusammenhang mit der Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK) betreffend den Rücktritt von Bundesanwalt Valentin Roschacher.
In diesem Gesuch beantragte der ausserordentliche Staatsanwalt Cornu die Aufhebung der Immunität von Nationalrat Toni Brunner, weil der Verdacht auf Amtsgeheimnisverletzung bestehe. Diesem Gesuch war unter anderem zu entnehmen, dass Nationalrat Brunner anlässlich der Befragung erklärt hatte, dass er im Zusammenhang mit der GPK-Untersuchung Kontakt mit dem damaligen Generalsekretär Walter Eberle des EJPD gehabt habe.
Toni Brunner hat laut Cornu folgende Aussage gemacht, wie es im Originalbeitrag der «NZZ am Sonntag» hiess: «Ich habe aufgrund der Einseitigkeit, die ich festgestellt habe, Abklärungen getroffen in Bezug auf den Bericht `Strafverfolgungsbehörden`. Diesbezüglich hatte ich Kontakt mit jemandem aus der Verwaltung. Es war dies der damalige Generalsekretär des EJPD, Walter Eberle.» Weiter schrieb die Zeitung: «Brunner sagte aus, er sei zu Eberle gegangen, um sich ein umfassenderes Bild der Geschehnisse im EJPD machen zu können. Er habe ja gewusst, dass Eberle den Entwurf des GPK-Berichts später ohnehin zur Stellungnahme erhalten werde.»
Im September 2008 reichte die Präsidentin der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats, Nationalrätin Gabi Huber, bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen unbekannt wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses ein. Die Bundesanwaltschaft eröffnete daraufhin ein weiteres Verfahren gegen Redaktor Häfliger, wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen, Artikel 293 StGB.
Der Artikel besagt, dass «wer, ohne dazu berechtigt zu sein, aus Akten, Verhandlungen oder Untersuchungen einer Behörde, die durch Gesetz oder durch Beschluss der Behörde im Rahmen ihrer Befugnis als geheim erklärt worden sind, etwas an die Öffentlichkeit bringt, wird mit Busse bestraft». Strafbar ist auch die Gehilfenschaft. Von einer Strafe kann abgesehen werden, wenn das an die Öffentlichkeit gebrachte Geheimnis von geringer Bedeutung ist.
Im Januar 2009 wurde der «NZZ am Sonntag»-Redaktor per Strafmandat zu einer Busse von 800 Franken verurteilt. Dagegen erhoben er und sein Rechtsanwalt Christoph Born Einspruch. An der Hauptverhandlung am Mittwoch sprach eine Berner Einzelrichterin Markus Häfliger vom Vorwurf der Verletzung von Art. 293 StGB frei.
Gestützt auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte i.S. Stoll («SonntagsZeitung») gegen Schweiz sei die Gerichtspräsidentin zum Schluss gekommen, «dass die Pressefreiheit im Fall des `NZZ am Sonntag`-Artikels stärker wiege als das Geheimhaltungsinteresse», sagte Christoph Born gegenüber dem Klein Report am Mittwoch. Denn es sei von öffentlichem Interesse, wie ein Nationalrat mit geheimen Kommissionspapieren umgehe. «Damit hat die Gerichtspräsidentin der Auffassung der Bundesanwaltschaft widersprochen, die es für eine Bestrafung als ausreichend erachtete, dass aus einem Papier zitiert wurde, das formell als Geheimnis bezeichnet war», erklärte der Rechtsanwalt des Verlagshauses NZZ.
Er ist froh über den Entscheid und hofft, dass aus Sicht der Medienschaffenden das Urteil der Gerichtspräsidentin schweizweit Schule machen wird. Christoph Born: «Vor allem wäre es wichtig, dass die Bundesanwaltschaft ihre systematische Verfolgung von Medienschaffenden einstellt und akzeptiert, dass eine Bestrafung aufgrund von Art. 293 StGB nur noch in Ausnahmefällen gerechtfertigt ist.»
Donnerstag
18.02.2010



