Die digitale Welt bietet für die Sozialforschung eine bisher noch nie so grosse Plattform mit Daten. Mehr als 23 Millionen Tweets sind Ema Kušen und Mark Strembeck vom Institut für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien der Wirtschaftsuniversität Wien für eine Forschungsarbeit zur Verfügung gestanden.
Analysieren wollten die beiden die Mechanismen der Online-Kommunikation. Dazu haben sie Tweets untersucht, die in zehn verschiedenen Ländern zu 18 verschiedenen Krisensituationen wie Naturkatastrophen oder Terroranschlägen verschickt wurden.
Wichtigste Erkenntnisse: Worte von Wut und Abscheu schaukeln vorwiegend aufgeheizte Diskussionen hoch. Ausdrücke von Trauer werden dagegen oft mit deutlich weniger, jedoch eher positiven Nachrichten beantwortet.
Das haben Kušen und Strembeck in der Fachzeitschrift «IEEE Internet Computing» veröffentlicht. Die Resultate seien nach 400 Tagen maschineller Rechenarbeit greifbar geworden.
Mit einem solchen Aufwand haben die Wissenschaftler zum Beispiel einen Amoklauf in Nordkalifornien im November 2017, die Geiselnahme in einem Supermarkt im französischen Trebes, ein Amoklauf am Google-Hauptsitz in Kalifornien oder die Amokfahrt in Münster im April 2018 untersucht.
Gleichzeitig wurden Reaktionen auf Wirbelstürme, Erdbeben oder Waldbrände berücksichtigt.
Fazit: Nach tragischen Ereignissen «suchen Menschen vielfach nach Austausch, Erklärungen und Informationen». Damit ähnelt die Kommunikation von Traurigkeit stark den Mustern, die bei der Kommunikation von Freude auftreten.
Die grösste Dynamik aber entstand, wenn Wut und Abscheu im Angesicht der Krisen ausgedrückt wurden. Bei vermuteten oder gar absichtlich falsch gestreuten Schuldzuweisungen drehte sich die Entrüstungsspirale am schnellsten, erklärte Strembeck. Hier konnten die Forscher ein veritables «Hochschaukeln» von teils «heftigen Diskussionen» nachvollziehen.