Die «Nacht der Nominationen» in Solothurn brachte es an den Tag: «Giulias Verschwinden» ist nicht nur der bestbesuchte Schweizer Film des Jahres 2009 (140 000 Besucher), sondern auch der meistgenannte Spielfilm für die Schweizer Filmpreisnominationen. Die amüsant-witzige, leicht hintergründige Alterskomödie von Christoph Schaub über eine Frau (Corinna Harfouch), die eine runde Geburtstagsfeier platzen lässt und dem Charme eines (zeitlosen) Lebensphilosophen (Bruno Ganz) erliegt, steht fünfmal auf den Nominationslisten: Bester Spielfilm, Bester Darsteller (Bruno Ganz), Beste Darstellerin (Sunnyi Melles), Bestes Drehbuch (Martin Suter) und Beste Musik (Balz Bachmann).
Der persönliche Favorit des Beobachters in Solothurn, Rolf Breiner, ist freilich ein anderes Werk aus der Romandie: Die Entdeckung an den Solothurner Filmtagen war das Beziehungsdrama «Cur animal» der 34-jährigen Lausannerin Séverine Cornamusaz, das erst in Deutschschweizer Kinos anlaufen wird. Ein universeller Heimatfilm um einen animalischen Bergler, der seine Frau und einen Fremdarbeiter schlechter als seine Tiere behandelt. Das karge Kammerspiel hoch droben auf dem Berg, umrahmt von einer erhabenen, aber auch bedrohlichen Bergwelt (Kamera: Carlo Varini), fand bei den Nominationen zweimal Erwähnung: Bester Spielfilm und Bester Darsteller (Antonio Bull).
Was indes Melanie Winiger (in «Sinestesia», einem erzählerischen Porträtfilm) in der Kategorie Beste Schauspielerin zu suchen hat, bleibt ein Rätsel derjenigen unter den wahlberechtigten 300 Mitgliedern der Filmakademie, die für sie gestimmt haben. Kameramann Carlo Varini erhielt übrigens den Anerkennungspreis 2010 der Gemeinden im Wasseramt, dotiert mit 10 000 Franken. Zu erwähnen ist auch, dass der mutige Science-Fiction Streifen «Cargo», der subtile Krimi «Complices» und das doch nur teilweise gelungene düstere Familiendrama «Tannöd» in die Nominationsränge für den besten Spielfilm kamen.
Auch die Auswahl der Dokumentarfilme kann sich sehen lassen: «Die Frau mit den fünf Elefanten», das Porträt der nunmehr 87-jährigen Übersetzerin Svetlana Geier, das seit elf Wochen in den Kinos gespielt wird; «Rocksteady», eine musikalische Reise in die Vergangenheit Jamaikas; «Sounds and Silence», ein feiner Musiktrip mit und um den Musikmacher Manfred Eicher; «Space Tourists», ein Millionen-Trip ins All sowie «The Sounds of Insects», ein Filmessay über einen Menschen, der sich bewusst zu Tode hungerte und seine Erfahrungen minutiös aufzeichnete.
Die Liste der nominierten Schauspieler und Schauspielerinnen zeugt hingegen von einer dünnen Decke. Sie erscheint höchst fragwürdig. Wie zu erfahren war, haben rund 170 Mitglieder der Filmakademie an der Abstimmung teilgenommen. Die Nominationen sollen demnächst von einer Kommission des BAK abgesegnet werden. Die Verleihung der Schweizer Filmpreise «Quartz 2010» wird am 6. März, wie schon 2009, im KKL Luzern über die Bühne gehen.
Donnerstag
28.01.2010



