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Montag
08.08.2016

Kino

Gastgeberin Ruth Waldburger & Alain Berset

Gastgeberin Ruth Waldburger & Alain Berset

Dass sich im Rahmen des Filmfestivals in Locarno politische Vertreter zu einem Gedankenaustausch mit den Meinungsmachern aus der Filmbranche trifft, ist über die Jahre ein liebgewonnenes Ritual geworden.

Doch selten stand auf der Agenda des «Dîner politique», zu dem die GARP (Gruppe Autoren, Regisseure, Produzenten) eingeladen hat, solch ein brisantes Thema.

GARP-Sprecher und Filmemacher Jacob Berger, dessen Film «Un Juif pour example» in Locarno mit grosser Begeisterung aufgenommen wurde, sagte im Vorfeld des zwanglosen Zusammenkommens im Innenhof der Magistrale in Locarno, dass die Bilanz der Gruppe klar und unmissverständlich sei: «Schweizer Internet-Portale sollen im Rahmen der Revision des RTVG verpflichtet werden, wie die SRG in nationale audiovisuelle Produktionen investieren zu müssen.»

Doch damit nicht genug. Berger weiter: «Das Fernsehen kann dank der Verbreitung von Filmen und Serien über seine Antennen hohe Profite einfahren. Betrachtet man die rasante Entwicklung des Internets der Digitalisierung wird klar, dass hier das Fortbestehen der Finanzierung vom Schweizer Film und der audiovisuellen Produktion auf dem Spiel steht. Ohne die zusätzlichen Beiträge der Internetanbieter wird das ganze System zusammenbrechen».

Bevor diese verschiedenen Forderungen «hitzig» diskutiert wurden, nutzten die Gastgeberin Ruth Waldburger und ihre Gäste die Chance, sich im lauschigen Garten bei einem kühlen Getränk auszutauschen.

Unter den geladenen Gästen war viel Politprominenz, einige Stände-und Nationalräte waren der Einladung nach Locarno gefolgt, so unter anderem die SP-Nationalrätin Jacqueline Badran, ihre SP-Kollegin Min Li Marti zusammen mit ihrem Mann Balthasar Glättli, aber auch FDP-Politikerin Doris Fiala mit Tochter sowie die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch, die sich angeregt mit ihrem Berner Pendant Alexander Tschäppät austauschte.

Auch SRG-Generaldirektor Roger de Weck war der Einladung gefolgt, der vor allem durch seine allzu legere Kleidung auffiel. Er unterhielt sich angeregt mit «Weltwoche»-Chefredaktor Roger Köppel und Comedian Viktor Giacobbo.

Natürlich diskutierten die Gäste auch über die Bedeutung des Filmfestivals von Locarno im internationalen Vergleich und über die Chancen des Schweizer Films im Ausland.

Während es der Schweizer Film im Ausland mitunter schwer hat, gibt es hingegen Schweizer Schauspieler, die im Ausland immer wieder für Highlights sorgen. Und dazu gehört zweifelsohne der Zürcher Schauspieler Joel Basman, der auch in Locarno mit einem Film vertreten ist und zwar mit «Julia» an der Seite von Carla Juri, die bekanntlich vor einigen Jahren mit ihrer Darbietung in «Feuchtgebiete» in Locarno für Furore sorgte.

Doch zurück zu Basman, der in «Julia» den Dichter Rilke spielt. Nach einigen Jahren in Berlin ist er wieder nach Zürich zurückgekehrt, «auch weil ich gerne nahe bei meiner Familie und Freunden bin», so der junge Mime gegenüber dem Klein Report.

Über mangelnde Jobs kann sich Basman nicht beklagen: Gerade steht er in Deutschland in der Verfilmung des Kinderbuch-Klassikers «Es war einmal im Indianerland» als Zigeuner vor der Kamera. Basman: «Eine wundervolle Arbeit.»

Und nächstens winkt anscheinend noch ein viel grösseres Filmprojekt, zu dem Basman vieldeutig schweigt, «weil ich noch nicht darüber reden darf.»

Bedeutend redseliger war hingegen Bundesrat Alain Berset, der als oberster Kulturchef der Schweiz die Bedeutung des Filmfestivals in Locarno in seiner Rede hervorhob. «Das Filmfestival in Locarno ist wichtig, weil hier auch die Entscheidungsträger aus der Wirtschaft, der Politik auf die Kulturschaffenden und Filmemacher treffen», so Berset. «Und sie treffen sich für einmal nicht in einem sterilen Büro, sondern auf der Piazza, was dem Ganzen einen guten, entspannten Rahmen gibt, um über mögliche, gemeinsame Projekte zu reden. Darum braucht es ein Filmfestival wie Locarno», so der SP-Politiker.

Filme seien auch immer ein Spiegel der Gesellschaft und das sei beim Schweizer Film nicht anders. «Nur haben wir statt einer gleich vier Landessprachen, die alle ihre Bedeutung haben und man sollte die Chance nutzen, voneinander zu lernen.»

Berset ging übrigens mit einem guten Beispiel voran, was die Sprachenvielfalt der Schweiz anbelangt. Er hielt seine Rede in Französisch und in Deutsch.

Weit weniger erfreulich war der etwas merkwürdige Auftritt des Festival-Direktors Marco Solari, der mit seiner Rede die Gäste vor den Kopf stiess. Denn normalerweise ergreift nach einem Bundesrat keiner mehr das Wort. Solari tat es dennoch und sprach in seiner leicht wirren Rede immer wieder von Compliance. Die Gästeschar verstand aber nicht, in welchem Zusammenhang er das meinte. Denn Compliance bedeutet unter anderem die Einhaltung und Befolgung von Regeln.

Der Klein Report hakte beim Empfang der Zürcher Filmstiftung am Sonntagabend bei Marco Solari nach. Was haben Sie damit genau gemeint? «Ohne Sponsoren gibt es kein Festival.» Man solle den Geldgebern auch entgegenkommen, denn schliesslich sorgen sie mitunter dafür, dass so ein Festival stattfinden könne, so Solari gegenüber dem Klein Report: «Dazu gehört meiner Meinung nach auch, dass man einen Politiker oder einen Manager auf Kosten des Festivals einladen darf. Inbegriffen sind dabei Nachtessen und Unterkunft.» Heute könne man keinen Politiker mehr einladen, ohne dass dieser gleich als befangen gelte.

Nur gut hielt er sich an die Zeitvorgabe und blieb unter zwei Minuten und war am Freitagabend so schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war und das «Dîner politique» konnte endlich beginnen.

Ohne Journalisten übrigens, die beim persönlichen Austausch zwischen der Politprominenz und den Filmemachern ausdrücklich nicht erwünscht waren.