Anfang Jahr sind Margrit Zopfi und Esther Wyler vom Zürcher Obergericht wegen Amtsmissbrauchs schuldig gesprochen worden. Die beiden Controllerinnen im Stadtzürcher Sozialdepartement hatten 2007 Akten an die «Weltwoche» weitergegeben, nachdem sie intern auf verschiedene Missstände aufmerksam gemacht hatten. Im erstinstanzlichen Urteil des Bezirksgerichts Zürich wurden Zopfi und Wyler noch freigesprochen. Sie hätten zwar das Amtsgeheimnis verletzt, aber überzeugend dargelegt, dass der Schritt an die Öffentlichkeit die einzige Möglichkeit gewesen sei, um über die Missstände zu informieren, hiess es unter anderem in der Urteilsbegründung.
Das sahen die Stadt Zürich und die Staatsanwaltschaft anders, die Whistleblower-Akte wurde vors Zürcher Obergericht gebracht. Und das befand: schuldig! Empörung allenthalben: Noch selten hat sich das gemeine Fussvolk so wegen eines Urteils aufgeregt.
Nach einer Analyse und erneut vielen Medienauftritten hatten Margrit Zopfi, Esther Wyler und ihr Rechtsanwalt Valentin Landmann von einem Weiterzug ans Bundesgericht in Lausanne Abstand genommen, obschon die beiden Frauen den «Prix Courage» der Zeitschrift «Beobachter» und viel Zustimmung aus dem Volk erhalten hatten.
Nun treten zwei weitere Kämpfer auf den Plan: FDP-Nationalrat Filippo Leutenegger und SP-Nationalrat Daniel Jositsch. Für die beiden ist klar: Das kann es nicht gewesen sein! Leutenegger ist auf Zopfi und Wyler zugegangen und hat die beiden Frauen von einem Weiterzug ans Bundesgericht überzeugt. «Ich habe ihnen gesagt, dass ich die Finanzierung des Weiterzugs organisiere», erklärte Leutenegger am Mittwoch gegenüber dem Klein Report.
Kurzum setzte sich der Medienunternehmer mit Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch zusammen. «Jositsch hat das Mandat übernommen», erklärte Leutenegger gegenüber dem Klein Report das weitere Vorgehen. «Wir gehen vor Bundesgericht.» Daniel Jositsch übernimmt den Fall als Verteidiger.
Erfreut und erleichtert zeigte sich der Journalist Alex Baur von der «Weltwoche», der den Fall schweizweit publik gemacht hatte. Der hartnäckige Recherchejournalist hatte im Frühjahr 2007 von den beiden Controllerinnen zahlreiche Akten zugespielt bekommen, die von der Misswirtschaft im Zürcher Sozialdepartement zeugten. Daniel Jositsch und Filippo Leutenegger seien ein Glücksfall, sagte Alex Baur gegenüber dem Klein Report: «Ich hoffe, dass jetzt auch noch der Hinterste und Letzte endlich begreift, dass es in diesem Fall nie um Parteipolitik ging und auch nicht um Blocher gegen Stocker, sondern um die Sache.»
Baur weist darauf hin, dass Strafrechtsprofessor Jositsch in einem analogen Fall bereits vor drei Jahren zum Schluss gekommen war, dass die vom Obergericht vertretene Rechtsauffassung zur Whistleblower-Problematik nicht mehr zeitgemäss sei. Wenn das Bundesgericht der Rechtsauffassung von Jositsch folge, wäre dies ein wichtiges Signal. Sonst müsse man halt die Gesetze ändern. Es könne ja nicht sein, dass der Überbringer der schlechten Nachricht verurteilt und die Missetäter geschützt würden, wie dies nach der Logik des obergerichtlichen Schuldspruchs der Fall sei.
Mehr zum Fall Zopfi/Wyler:
Am 28.3.2008: Zürcher Sozialdepartement widersprich «Weltwoche»-Vorwürfen
Am 3.3.2008: Untersuchung gegen «Weltwoche»-Informantinnen aufgenommenl