Er mache hier ein paar Tage Urlaub. «Moskau ist eine schöne Stadt», sagte Gerhard Schröder vor wenigen Tagen zum Korrespondenten des deutschen Nachrichtensenders n-tv.
Dieser hat den ehemaligen Regierungschef «zufällig» in der russischen Hauptstadt erblickt, wie der Nachrichtensender von der RTL-Gruppe zu berichten wusste.
Inzwischen hat der «Stern», der über Gruner + Jahr ebenfalls zur RTL-Gruppe gehört, in einem grossen Interview entlarvt, dass Schröder nicht wegen den vielen historischen Kirchen nach Moskau gereist ist. «Ich war in Moskau, um mich um Energiepolitik zu kümmern.»
Für dieses Anliegen war der Diplomat in eigener Mission auch bei Wladimir Putin. Schröder sieht Chancen für Verhandlungen, um den Krieg zu beenden. Und er fordert, Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen.
Über das Gespräch mit Putin meint Schröder im «Stern»: «Die gute Nachricht heisst: Der Kreml will eine Verhandlungslösung.» Lob gab es für die Türkei, diese habe sich in die Verhandlungen über Getreidelieferungen «sehr hilfreich» eingebracht. Schröder interpretiert das als einen ersten Schritt, den man langsam «zu einem Waffenstillstand ausbauen» kann. Dafür müsse die deutsche Regierung sich aber stärker einbringen. Und: «Ohne die Unterstützung der Amerikaner wird es keine Verhandlungslösung geben.»
Dazu kritisiert Aussenpolitik-Analyst Ulrich Speck in der «Bild»: «Ex-Kanzler Gerhard Schröder macht Kreml-Propaganda – und ‘Der Stern’ hilft dabei, die Botschaft zu verbreiten.»
Nicht nur für die Boulevardzeitung waren die Interviewfragen im «Stern» zu harmlos.
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte Schröder in scharfen Worten. «Es ist einfach ekelhaft, wenn ehemalige Führer grosser Staaten mit europäischen Werten für Russland arbeiten, das sich im Krieg gegen diese Werte befindet», sagte er in einer Videoansprache.
«Stern»-Chefredaktor Gregor Peter Schmitz hingegen verteidigte sich. Laut eigener Aussage war für ihn die «Kernfrage» des Interviews: «Was treibt den Mann?»
Die Antworten sorgten im Russen-TV für Jubel: «Schröder hat Scholz vernichtet und erniedrigt.»
Der amtierende Kanzler Olaf Scholz ist in diesen Zeiten des «Stern»-Interviews ebenso in den Medien präsent. In Mühlheim an der Ruhr hat er sich vor der scheinbar defekten Gasturbine aus dem Werk von Siemens Energy ablichten lassen. Die Turbine ist dort zwischengelagert, sollte aber wieder mehr Gas durch Nord Stream 1 pumpen.
Scholz stellte sich demonstrativ vor das technische Wunderwerk und erklärte: «Die Turbine ist da, sie kann geliefert werden, es muss nur jemand sagen, ich möchte sie haben, dann ist sie ganz schnell da.»
Beim Energieriesen Gazprom im Moskau heisst es hingegen, es fehlten noch Papiere.
Wer könnte diese bringen? Anmerkung vom Klein Report für Reisediplomat Schröder: Während es in Moskau heute und morgen noch wechselnd bewölkt ist, gibt es am Samstag viel Sonnenschein. Bei Höchstwerten um 29 Grad bleibt es überwiegend trocken.