Der Artikel mit der Überschrift «Ignazio Cassis, die Schadensbilanz» des Online-Magazins «Republik» hat eine regelrechte Schlammschlacht ausgelöst. In den Hauptrollen die FDP-Nationalrätin Christa Markwalder sowie verschiedene Journalisten der «Republik».
Der Streit, der öffentlich über Social Media ausgetragen wurde, gipfelte am Mittwoch in Markwalders Tweet: «Spätestens seit #ClaasRelotius wissen wir, was anonyme Quellen, die nur dem Journalisten bekannt sind, taugen.»
Damit rückte sie den Text von Dennis Bühler, der am Dienstag publiziert wurde, in ein schlechtes Licht. Im Wesentlichen wird dort aufgerollt, wie der FDP-Bundesrat Cassis seit seinem Amtsantritt das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) radikal umgekrempelt habe. Das habe unter anderem zu einem Bruch mit Mitarbeitern des EDA geführt, steht in dem kritischen Beitrag.
Der Artikel stützt sich auf Gespräche mit «mehr als einem Dutzend ehemaligen und aktiven Diplomaten, mit diversen Angestellten des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten, mit langjährigen Beobachterinnen der Aussenpolitik, Wirtschaftsvertretern, Gewerkschafterinnen und FDP-Mitgliedern», schreibt Bühler.
Doch Markwalder kritisierte unter anderem die vermeintliche Einseitigkeit des Textes. Auch die positiven Assets aus der Amtszeit von Ignazio Cassis gehörten in diese Bilanz, so die Politikerin. Rückendeckung erhielt sie beispielsweise von Roger Kölbener, Präsident der FDP International, der sogar von einer «Diffamierung» von Bundesrat Cassis sprach.
Am allermeisten störte die FDP-Nationalrätin Christa Markwalder, dass die Cassis-Kritiker im Artikel der «Republik» nicht namentlich genannt werden: «Meine Haltung zu anonymen Quellen ist folgende: Wenn jemand kritisiert, soll er/sie mit Namen hinstehen. Alles andere ist feige!», echauffierte sie sich.
Der Relotius-Vergleich und Markwalders offenkundige Skepsis gegenüber dem Quellenschutz haben teils heftige Debatten ausgelöst. Text-Autor Dennis Bühler verteidigte seine Recherche: «Die Quellen sind mir allesamt bekannt, ich halte sie aber anonym, weil sie im Falle einer Wiederwahl von BR Cassis weiterhin mit ihm zusammenarbeiten müssen - eine gängige Praxis, ohne die kritischer Journalismus gar nicht möglich wäre.»
Mit Daniel Binswanger eilte ihm auf Twitter ein Kollege aus der «Republik»-Redaktion zu Hilfe. Binswanger attackierte Christa Markwalder ähnlich unzimperlich, wie die FDP-Nationalrätin zuvor ausgeteilt hatte: «Ich will Sie nicht in eine Ecke stellen, in die Sie nicht gehören: Aber das Argument, dass anonyme Quellen per se nicht legitim sind, benutzt momentan eigentlich nur Trump gegen den Whistleblower in seinem Impeachment-Verfahren. Manchmal sollte Staatsraison vor Parteiraison stehen.»