Die Redaktion der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» hat den Vorabdruck des neuen Romans von Martin Walser mit der Begründung abgelehnt, er spiele mit dem «Repertoire antisemitischer Klischees». In einem Offenen Brief an Walser in der Mittwochsausgabe bezeichneten sie den Roman als ein «Dokument des Hasses» und eine «Mordphantasie». Walser stellte bereits eine Stellungnahme in Aussicht. Laut FAZ ist der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki Vorbild für die Hauptfigur des neuen Romans «Tod eines Kritikers», das im Sommer erscheinen wird. In dem Buch falle ein Star-Kritiker namens André Ehrl-König vermeintlich einem Mord zum Opfer, Täter sei ein vom Kritiker verrissener Schriftsteller. Reich-Ranicki überlebte zusammen mit seiner Frau die Verfolgung durch die Nationalsozialisten im Warschauer Getto. Einen Roman, in dem die Ermordung des Kritikers fiktiv nachgeholt wird, werde diese Zeitung nicht abdrucken. «Ihr Roman ist eine Exekution», urteilt die FAZ im Offenen Brief weiter. Der Kritiker Reich-Ranicki wollte am Mittwoch keine Stellung zu dem Streit nehmen.
Mittwoch
29.05.2002