«Statt aufzuzählen, wer alles da ist, liesse sich eine bedeutend kürzere Liste machen mit all jenen, die NICHT da sind», witzelte ein Kommunikationsfachmann am Festakt des 175-Jahre-Jubiläums des Ringier-Verlags am Freitagabend in Luzern. Und tatsächlich liest sich die Liste der 1500 Gäste im Kultur- und Kongresszentrum (KKL) wie ein Who`s Who der Schweizer Prominenz, die Verwaltungsratspräsident Michael Ringier mit seiner Körpergrösse von 196 Zentimetern fast durchwegs überragte und deren Anwesenheit er offensichtlich genoss. Seine Schwestern Evelyn Lingg-Ringier und Annette Ringier betonten allerdings in einer von Kabarettist Viktor Giacobbo moderierten Geburtstagsfeier, sie hätten durchaus die Kontrolle im Familienunternehmen.
Hauptredner war niemand Geringerer als Medienminister Moritz Leuenberger, der seinen Auftritt am Anlass mit der Bedeutung des Konzerns erklärte: «Da müsste ich sogar kommen, wenn ich gar nicht wollte.» Aber nicht nur beim Feiern interessiert sich der Bundesrat für Ringier, sondern auch wenn Probleme anstehen. So gab er im Gespräch mit Giacobbo auf dem Sofa zu, Michael Ringier angerufen und ihm seine Bedenken mitgeteilt zu haben, als ein Verkauf des Verlags an den deutschen Axel-Springer-Konzern unmittelbar bevorzustehen schien.
In seiner Festansprache hatte Moritz Leuenberger einen weiten Bogen gespannt von den Comic-Figuren Ringgi und Zofi über Barack Obama und die Globalisierung bis zu den überrissenen Managerbezügen, die in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Einkommen der Working Poor stünden. «Viele verstehen die Welt nicht mehr wie Ringgi und Zofi, weil vieles nicht mehr ist, wie es früher war», sagte er und mahnte zu mehr Bescheidenheit und Augenmass. Das «Alles ist möglich» der Globalisierung wecke auch Ängste, was zu Misstrauen der Bürger gegenüber Veränderungen und Öffnungen führe, legte er dar, um am Schluss zu Ringgi und Zofi zurückzukehren: «Ja, meine Damen und Herren, die Globalisierung als neue Ordnung hat nur Bestand, wenn Ringgi und Zofi das Mass aller Dinge bleiben.»
Die Leuenberger-Rede, ein Reigen von prominenten Gratulanten, ein speziell für den Anlass komponiertes Musikstück «Vier Pflanzen im Frühling» des Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchesters, Auftritte der chinesischen Pipa-Spielerin Jing Yang, der rumänischen Koloratursängerin Elena Mosuc und der Schweizer Jodlerin Nadja Räss und zahlreiche weitere Beiträge reihten sich Schlag auf Schlag aneinander - kein Wunder, dass das Zeitbudget massiv überschritten wurde. Doch das mochte niemanden verdriessen, und die Gäste waren bester Laune bei angeregten Diskussionen sowie auserlesenen Speisen und Getränken. Nur zu schnell wurde es Mitternacht, worauf sich die Züge in Richtung Medienhauptstadt Zürich füllten. - Siehe auch: Am Freitag und Samstag feiert der Ringier-Verlag in Luzern, Ringier lanciert zum Jubiläum eine Academy und ein MediaLab und Ringier-Verlag gründete Stiftung in Rumänien
Sonntag
18.05.2008