Die Freisprüche von Sepp Blatter und Michel Platini lenken den Fokus auf die Schweizer Justiz und die Fifa. In der internationalen Presse kommt vor allem einer schlecht weg: «Profiteur» Gianni Infantino.
Am Dienstag kurz nach 10 Uhr liess in Muttenz Roland Hofmann, Präsident der ausserordentlichen Berufungskammer des Bundesstrafgerichts, das Urteil im Betrugsprozess gegen Sepp Blatter (89) und Michel Platini (69) durch die Gerichtsschreiberin verlesen.
Das Verdikt: erneuter Freispruch auf der ganzen Linie vom Vorwurf, den Weltfussballverband um zwei Millionen Franken betrogen zu haben. Blatter und Platini zeigten sich im Anschluss vor den internationalen Medien erleichtert. Blatter sprach vom grossen Druck, der nun von ihm gewichen sei – und vom Damoklesschwert, das nicht mehr über seinem Kopf schwebe.
Die «Neue Zürcher Zeitung» erklärt, weshalb die Akte damit wohl definitiv geschlossen wird: «Weil der zuständige Bundesstaatsanwalt, Thomas Hildbrand, in wenigen Wochen seinen 70. Geburtstag feiert, scheidet er zwingend aus seiner Funktion aus. Folglich kann er das Urteil – bis es in einigen Monaten schriftlich vorliegt – nicht mehr persönlich überprüfen. Damit ist ein Weiterzug ans Bundesgericht äusserst unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist hingegen, dass die Akte, 27 Jahre nach der Ausgangshandlung, zu einem späten Ende kommt».
Die «Süddeutsche Zeitung» sieht die Freisprüche vor allem auch als «Blamage für die Fifa». Der Weltverband sei der eigentliche Treiber der Verhandlung gewesen: «Nun, beim Berufungsverfahren im Frühjahr 2025, war das Bild ein anderes. Denn jetzt war die Fifa – gar nicht mehr da. Als habe sie mit der Sache nichts zu tun. Und nach dem Freispruch gibt es keine Zahlung von Platini für die Fifa, sondern das Gegenteil. Die Fifa muss Blatter und Platini sogar noch eine Entschädigung zahlen. Das mag zwar nur ein symbolischer Betrag von je 1’500 Franken sein, aber er illustriert aufs Beste das Ergebnis dieses Prozesses: Der ist nicht nur für die Bundesanwaltschaft eine Blamage, sondern auch für die Fifa und ihren Präsidenten Gianni Infantino».
Die französische Zeitung «Le Monde» schilderte den Fall vor allem aus der Warte des früheren französischen Superstars Platini: «Michel Platini freute sich, dass er seine ‚Ehre‘ gewaschen habe und meinte, dass diese politisch-juristische Saga einzig und allein dazu gedient habe, ihn im Herbst 2015 ‚aus dem Rennen um das Amt des Fifa-Präsidenten zu werfen‘, und zwar ‚für zehn Jahre‘.»
Das bringt «Le Monde» zur ähnlichen Quintessenz wie die «Süddeutsche»: «Der grosse Profiteur des Verfahrens war ein mit allen Wassern gewaschener Italo-Schweizer: Dank Platinis Sperre war die Bahn frei für Gianni Infantino. Infantino war bis dahin Angestellter von Platini: Nämlich Generalsekretär beim europäischen Fussballverband Uefa, dem Platini als Präsident vorstand».
Zum Abschluss gehört das Wort nochmals der «Neuen Zürcher Zeitung». Diese schreibt von einem «Totalschaden für die Bundesanwaltschaft».
Spätestens seit dem Dienstag stehe endgültig fest: «Die Bundesanwaltschaft ist am Fussballkomplex gescheitert. Ihre Bilanz nach fast zehnjährigen Bemühungen ist ein Totalschaden. Während andere Verfahren versandeten, ebenfalls mit Freisprüchen endeten oder nach grotesken Verzögerungen verjährten, verbiss sich die Bundesanwaltschaft in den isolierten Vorwurf, Blatter habe mit der Zahlung von zwei Millionen Franken an Platini im Jahr 2011 seine eigene Organisation betrogen». Und dies ist – strafrechtlich beurteilt – nun definitiv nicht der Fall.