Mit ihrem Film «Lovemobil» konnte die deutsche Regisseurin Elke Margarete Lehrenkrauss das Publikum packen.
Der Dokumentarfilm kam im Frühjahr 2020 in die Kinos und lief bei mehreren Festivals, darunter bereits 2019 in der «Semaine de la critique» in Locarno. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) zeigte ihn im Dezember. Das Werk hat den Deutschen Dokumentarfilmpreis 2020 gewonnen und wäre jetzt für den renommierten Grimme-Preis nominiert.
Wäre. Denn die harte Dokumentation von Elke Margarete Lehrenkrauss über das schwere Leben von Prostituierten in Wohnmobilen am Rande von Bundesstrassen in Niedersachsen hat sich als eine Fiktion entpuppt. Die Prostituierten waren Schauspielerinnen.
Die Filmemacherin hat sich inzwischen bei allen Beteiligten sowie dem Publikum entschuldigt: «Die Rückgabe des Deutschen Dokumentarfilmpreises ist mein erster Schritt, aus diesem Fehler zu lernen und meiner Branche und dem Deutschen Dokumentarfilmpreis nicht weiter durch diesen Film zu schaden.»
Die Leiterin des SWR Doku Festivals, Irene Klünder, sagte, der Schritt der Regisseurin verdiene Respekt. «Zugleich ist dies eine Chance für den Dokumentarfilm, indem offen die Transparenz und die Frage nach Authentizität diskutiert wird.»
Denn «Lovemobil» ist natürlich nicht pure Fantasie. Den NDR-Angaben zufolge soll der Film auf Basis von langjährigen Recherchen der Autorin entstanden sein. Zentrale Protagonistinnen des Films schilderten aber nicht ihre persönlichen Erfahrungen als Prosituierte, «sondern spielen eine Rolle. Zahlreiche Situationen sind nachgestellt oder inszeniert».
Im Film sei nichts ausgedacht, was es so nicht gibt. Es sei darum gegangen, Wahrhaftigkeit sowie eine emotionale und spürbare Authentizität zu schaffen. Auch sollten die Frauen geschützt werden.
Dokufiktion nennt sich das. Solche Formate müssten allerdings auch entsprechend deklariert werden. Für Fernsehprogrammdirektor Frank Beckmann vom NDR entspricht der Dokfilm «Lovemobil» deshalb nicht den Standards, die die ARD und der NDR an dokumentarisches Erzählen stelle. «Er gaukelt dem Publikum eine Authentizität vor, die er nicht hat.»
Das Werk wird deshalb trotz Erfolg vom Grimme-Preis zurückgezogen. Es wurde ebenfalls aus der Mediathek der ARD entfernt und für Wiederholungen gesperrt. Da der Preis im Jahr 2020 geteilt wurde, stehe nun das zurückgegebene hälftige Preisgeld von 10‘000 Euro Feras Fayyad, dem Regisseur des anderen ausgezeichneten Films «The Cave - Eine Klinik im Untergrund», zu.
Und die Regisseurin? Der Klein Report meint, vielleicht sollte sie es einmal beim «Dschungelcamp» versuchen. Funktioniert auch nach dem Schema «Sex sells», nimmt es aber mit der Authentizität ein bisschen hybrider.