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Dienstag
01.10.2013

Medien / Publizistik

Die Medizinische Fakultät der Universität Zürich hat internationale Experten beauftragt, die Qualität der medizinhistorischen Dissertationen zu überprüfen. Das Ergebnis stützt die Vorwürfe gegen den SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli, dem in der SRF-Sendung «Rundschau» als Titularprofessor mangelnde Betreuung der Doktoranden vorgeworfen wurde.

Die Dissertationen seien anhand von zehn Kriterien anonymisiert beurteilt und mit Punkten bewertet worden, teilte die Universität mit. Nach Offenlegung der Namen der betreuenden Personen habe sich gezeigt, dass die von Mörgeli und einem weiteren Professor betreuten Arbeiten im Rahmen dieser Stichprobe häufig mangelhaft gewesen seien. «Teilweise handelte es sich gemäss Expertenbericht gar um wenig oder gar nicht kommentierte Transkriptionen.»

«Nach einhelliger Meinung der Experten ist die mangelhafte Qualität der Dissertationen auf eine unzureichende Betreuung der Doktorierenden zurückzuführen», teilte die Universität mit. «Die beiden erwähnten Personen, die nicht mehr im Medizinhistorischen Institut und Museum tätig sind, haben ihre Doktorierenden nicht ausreichend auf das Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit in der Medizingeschichte vorbereitet.»

Zu wenig Bedeutung sei etwa der Fragestellung, der Kontextualisierung und den Quellenangaben beim Verfassen einer Dissertation beigemessen worden, heisst es weiter. Die Experten hätten aber auch festgehalten, dass einige der überprüften Dissertationen hohen wissenschaftlichen Standards entsprächen.

Christoph Mörgeli wehrt sich gegen die Schlussfolgerungen im Expertenbericht. «Es gab unter meiner Leitung im Gegensatz zur Aussage der Medienmitteilung keine einzige Dissertation, die lediglich aus einer unkommentierten Texttranskription bestand», teilte er in einer Stellungnahme mit.

Darin zerpflückt er auch die Stellungnahme der Universität. In deren Titel heisse es noch «Die wissenschaftliche Betreuung der Doktorierenden war teilweise ungenügend», im Text sei dagegen die Rede davon, dass «ein beträchtlicher Teil» der Dissertationen «wissenschaftlichen Standards nur knapp entsprach». Mörgeli folgert: «Wenn wir davon ausgehen, dass die Betreuung dem Ergebnis entsprach, zeigt sich ein Widerspruch: knapp genügend ist nicht dasselbe wie ungenügend.»

Da den Doktorierenden ihre Titel nicht aberkannt würden, gehe von den betreffenden Ärzten und Zahnärzten keine öffentliche Gefahr für wissenschaftliche Mindeststandards aus, so Mörgeli.

Auch am Vorgehen der Universität übt Mörgeli Kritik. Er sei als Betroffener genau wie die Medien von der Universität Zürich erst am Dienstagmorgen über die Ergebnisse der Untersuchung informiert worden und habe vorgängig zu keinem Zeitpunkt dazu Stellung nehmen können. Eine Vorabinformation sei einzig durch Nationalrätin Kathy Riklin erfolgt, die am Donnerstag die Journalisten in der Wandelhalle informiert habe - und Mitglied des Zürcher Universitätsrates sei.