Der «Fall Borer» und die Abberufung des Schweizer Botschafters in Berlin werden nach Meinung von Experten die Diskussionen um journalistische Ethik und Image der Medien verstärken. «Ein Pyrrhus-Sieg für Ringier», bringt Kurt Imhof sein Urteil über den bundesrätlichen Entscheid auf den Punkt. «Es wird jetzt zu Mediendiskussionen kommen», sagt der Zürcher Soziologe weiter und meint damit etwa die Frage, was Medien dürfen. Auch der in Bern lehrende Medienwissenschaftler Roger Blum glaubt, dass die Affäre um Borer dem medienethischen Diskurs hierzulande einen Schub geben wird: «Alle Medien werden sich künftig überlegen, ob sie eine solche Geschichte bringen.» Aus der Perspektive des Boulevardjournalismus habe sich Borer ideal verhalten, sagt Imhof: In der Skandalisierungslogik sei es am besten, wenn sich ein Opfer wehre. «Dann kann man die Geschichte verarbeiten und bewirtschaften.» Neu ist für Imhof, dass die «ganze Medienarena» die Skandalisierung übernommen hat.
Solche Skandalisierungen könnten sich indes als Eigentor erweisen: Die Medien schadeten dadurch ihrem Image, sagt Daniel Cornu, Leiter des Westschweizer Medienausbildungszentrums. Sie riskierten zudem, dass ihnen das Parlament wieder feindlicher begegne. So ist es auch für Imhof denkbar, dass im Rahmen der aktuellen medienpolitischen Diskussionen die Rufe nach einer stärkeren Regularisierung der Printmedien lauter werden.
Mittwoch
10.04.2002